Das Flüchtlingsthema wird zur Chefsache

Es war das ganz große Aufgebot, das Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nach Essen bestellt hatte. Die Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Kommunen und die Landtagsopposition: Mehr als 40 Akteure kamen am Montag am Runden Tisch zusammen, um über die Betreuung von Flüchtlingen zu sprechen.

Ein Kommentar von Vera Zischke.

Ein Kommentar von Vera Zischke.

Foto: Schinkel, Uwe (schin)

Nun sind Runde Tische bislang selten als die großen Lösungsbringer in die Geschichte eingegangen. Die mit besonders vielen Teilnehmern am allerwenigsten.

Dennoch ging von der Großveranstaltung eine nicht ganz unwichtige Signalwirkung aus. Mit ihrem Versuch, die Wogen zu glätten, hat die Ministerpräsidentin das Flüchtlingsthema zur Chefsache gemacht. In Zukunft wird sie sich persönlich daran messen lassen müssen, ob die Unterbringung wirklich besser wird, und somit völlig überbelegte Heime mit einer sich selbst überlassenen Heimleitung der Vergangenheit angehören. Wohlgemerkt: Bislang wurde das alles wissentlich in Kauf genommen. Siehe Kommentar des Regierungsvizepräsidenten Volker Milk: „Es ging darum, Obdachlosigkeit zu verhindern.“

Mit dem Runden Tisch als vertrauensbildende Maßnahme hat Kraft aber auch deutlich gemacht, dass sie vermehrt andere mit in die Verantwortung nehmen möchte. Getreu dem Motto: Das Flüchtlingsthema geht uns alle an. Trotzdem darf die Landesregierung nicht davon ablenken, dass sie selbst erst einmal ihre Hausaufgaben machen muss. Sie war zuletzt auch deshalb nicht Herr der Lage, weil sie sich immer mehr aus den Heimen zurückgezogen und stattdessen auf private Anbieter verlassen hat.

Jetzt muss die Regierung erst einmal die Frage klären, was ihr eine angemessene Betreuung in Zukunft wert ist — finanziell und personell. Eine Frage, die bei all der Aufregung zu wenig diskutiert wird: Warum tragen das Land und vor allem die Kommunen überhaupt die Hauptkosten für die Flüchtlingsunterbringung? Schließlich sprechen wir dabei von einer Kernaufgabe unserer Gesellschaft — und damit eigentlich des Bundes. Die Bundesregierung will davon freilich nichts wissen. Wohl aber will sie über die aktuelle Lage mitdiskutieren. Übermorgen. Auf einem Gipfel.

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