Demonstration gegen die Einschüchterung

Karnevalsumzüge am Tag nach der Braunschweiger Absage

Die Morde von Kopenhagen, die Absage des Umzugs in Braunschweig — viele Jecke werden sich mit mulmigem Gefühl ins Getümmel gestürzt haben. In Braunschweig hatte es konkrete Anschlagspläne gegeben. Daher war die Absage verantwortungsvoll. Auch wenn man sich eingestehen muss, dass der Terror nun schon ein zweites Mal sein Ziel erreicht hat. Wie bereits im Januar, als in Dresden eine Pegida-Demo wegen islamistischer Morddrohungen abgesagt wurde. Ging es damals um einen konkreten Personenkreis, waren in Braunschweig selbst Familien und Kinder potenzielle Opfer.

Die Polizei kann beim Karneval mit noch so vielen Kräften im Einsatz sein. Eine Menschenansammlung, bei der die Maske und damit die Anonymität auch möglicher Täter geradezu zum Programm gehört, ist ein nie völlig kontrollierbares Ziel. Da dürfte auch die Frage, wie provokant ein Motivwagen ist, keine große Rolle spielen. Glaubt wirklich jemand, dass entschlossene Täter ihren einmal gefassten Plan abblasen, weil sie durch einen braven Wagen beschwichtigt werden? So ticken solche Leute nicht. Und es wäre ja auch fatal, wenn anonyme fundamentalistische Kontrolleure einzelne Wagen abzunicken hätten. Dass alles gut ging, kann verschiedene Ursachen haben: polizeilicher und geheimdienstlicher Überwachungsdruck vielleicht. Oder einfach nur Glück?

Islamistischer Terror beginnt, unseren Alltag zu verändern, hat der CDU-Politiker Jens Spahn gesagt. Doch Hunderttausende haben sich am Montag dagegen gestemmt, dass die Gesellschaft zur Geisel des islamistischen Terrors wird. Auch wenn das natürlich kein politisches Bekenntnis war, sondern einfach nur Ausdruck des Wunsches, Spaß zu haben.

Am Montag wurden die Ängste erst einmal weggefeiert. Mit manch einem Wagenmotiv, zu dem kein Helau oder Alaaf so recht passen wollte. Und auch mit Selbstironie und Nachdenklichkeit. Nach dem Zurückziehen des Charlie-Hepdo-Wagens in Köln hatte das Satiremagazin „Postillon“ gespottet: Baut die Karnevalswagen zu grauen Quadern um, schreibt Alaaf drauf und schickt sie auf den Weg — begleitet von gedämpfter Musik. Die Kölner griffen die Idee auf und ließen tatsächlich einen mausgrauen Wagen laufen.

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