Die Störerhaftung für Private muss weg

Sigmar Gabriels Gesetzentwurf blockiert freies W-Lan

Zumindest mit einer Sache liegt Sigmar Gabriel richtig: In Sachen freies und/oder kostenloses W-Lan ist Deutschland mit angezogener Handbremse unterwegs. Allerdings wird daran auch der Referentenentwurf wenig ändern, den der SPD-Wirtschaftsminister gestern in Berlin vorgestellt hat.

Der Entwurf regelt das, was hier und da ohnehin längst Alltag ist — das Surfen in Restaurants, Hotels, Bahnhöfen oder Rathäusern. Wer dort Drahtlos-Netzwerke für alle anbietet, soll nach Gabriels Vorstellungen künftig wie ein Internetprovider behandelt werden und muss nicht mehr für Rechtsverletzungen von Nutzern geradestehen — wenn er zwei Punkte beachtet.

Die haben es allerdings in sich. Die „geschäftsmäßigen“ Anbieter müssen ihre Netzwerke nämlich zwingend verschlüsseln — somit sind diese aber nicht für jeden barrierefrei zu nutzen, vulgo nicht frei. Operation gescheitert. Zudem müssen die W-Lan-Betreiber sich von ihren Nutzern bestätigen lassen, dass diese über die — dann passwortgeschützte — Verbindungen keinen Rechtsbruch begehen, also etwa keine urheberrechtlich geschützte Musik, Filme oder gar Schmuddelzeugs aus dem Netz saugen. Als ob ein Waffenhändler besser schliefe, wenn ihm sein Kunde verspricht, mit der neuen Flinte niemanden umzulegen! So weit, so weltfremd.

Wobei der eigentliche Haken in Gabriels Entwurf der Umgang mit privaten W-Lan-Anbietern ist. All jene, die ihre Netzwerke für Mitbewohner, Nachbarn oder Krethi und Plethi freigeben, müssen auch künftig für mögliche Rechtsbrüche haften. An der Störerhaftung rüttelt das Gesetz nicht. Mehr noch: Netzwerkbetreiber müssen die Namen der Mitnutzer registrieren, um sie etwa vor Gericht nennen zu können. Die Vorratsdatenspeicherung, deren Neuaufguss gerade von Schwarz-Rot eingetütet wird, käme durch die Hintertür — deutlich verschärft.

Eine schlappe Million öffentlicher W-Lan-Zugänge gibt es in Deutschland. Dafür aber zigmillionen private Netze in Wohnungen und Häusern, die genutzt werden könnten, die aber per Gesetz auch weiterhin verrammelt bleiben sollen. Einen „Schub für kostenloses W-Lan“ hat Gabriel versprochen. Stattdessen blockiert er und legt echten Freifunk an die Kette.

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