Ebola: Der Aberglaube von der Kontrollierbarkeit

Die Staatengemeinschaft versagt in der Ebola-Krise

Selten hat die zivilisierte Welt bei Krisen und Katastrophen in den vergangenen Jahrzehnten so jämmerlich und kläglich versagt wie seit dem Ausbruch der westafrikanischen Ebola-Epidemie in diesem Sommer.

Während ganze 33 (!) Bundeswehr-Freiwillige im Kreis Pinneberg das richtige An- und Ausziehen von Schutzanzügen gegen das Virus üben, hat Ebola mittlerweile zehntausend Menschen infiziert und mindestens die Hälfte von ihnen getötet. Gleichzeitig sieht es die Staatengemeinschaft nicht einmal als nötig an, den UN dringend benötigte Hilfsgelder zukommen zu lassen. Statt einer geforderten Milliarde sagten knapp drei Dutzend Länder und Organisationen lediglich 365 Millionen Dollar zu; vor sechs Tagen hatte erst ein einziges Land gezahlt. Kolumbien. 79 000 Euro.

Während dann im November (vielleicht) also 33 Bundeswehr-Freiwillige in Liberia die Seuche bekämpfen, reist das Virus um die Welt. Nun hat es New York erreicht, begleitet von üblichen Entwarnungen: Der infizierte Arzt sei zwar trotz strikter „Gesundheitskontrollen“ ohne Entdeckung der Erkrankung eingereist, habe aber wohl auch beim Taxi- und U-Bahn-Fahren niemanden angesteckt. Außerdem habe man in New York gut vorbereitete Krankenhäuser; dass er sich vor der Rückkehr in die USA drei Tage in Brüssel aufhielt, scheint niemand weiter bedenklich zu finden.

Es ist zum Verzweifeln: Eindringliche, frühzeitige und wahrlich ausreichende Warnungen durch die Weltgesundheitsorganisation WHO haben in der Politik offenbar überhaupt nichts gegen den mittelalterlichen Aberglauben ausrichten können, Seuchen und Epidemien seien ein regionales Phänomen, vor dem man sich durch Einreisekontrollen und Fiebermessen schützen könne.

Seit die einstige Republik Venedig im 15. Jahrhundert Pest-Verdächtige auf einer Insel vor dem Lido für 40 Tage (daher kommt das Wort Quarantäne) unter Beobachtung stellte, hat in Europa so gut wie keine Abschottungsmaßnahme gegen die Ausbreitung von Epidemien funktioniert. Die konsequente Bekämpfung des Virus in Westafrika ist der einzige Selbstschutz, den die Staatengemeinschaft in einer globalisierten Welt ergreifen kann. Sie muss es jetzt tun.

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