Griechenland-Krise Er will nur spielen

Schäuble und der Grexit auf Zeit

Vielleicht hat sich Wolfgang Schäuble verrannt. Viele Ökonomen, aber auch seine europäischen Partner, halten einen Grexit auf Zeit für abenteuerlich. Allen voran Frankreich und Italien. Doch der deutsche Finanzminister ist von der Idee nach wie vor überzeugt. Schäuble ist hartnäckig und hart zugleich wie kaum ein anderer Politiker. Wenn er glaubt, das Richtige zu tun, ist er davon schwer abzubringen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass es dann doch das Falsche ist.

Niederlagen sind nicht seine Sache. Selbstverständlich ist Schäubles Vorschlag auch ein Signal an die eigenen Reihen, dass der Ausstieg für Griechenland aus dem Euro immer noch möglich ist und auf der Tagesordnung bleiben sollte. Der Minister hofft, so die vielen Kritiker neuer milliardenschwerer Hilfen in der CDU/CSU-Fraktion ein wenig beruhigen zu können. Wer aber nach 17-stündigem Verhandlungsmarathon in Brüssel eine Vereinbarung eingeht, in der ein vorübergehender Grexit aus guten und überzeugenden Gründen nicht enthalten ist, der sollte im Nachhinein nicht weiter so vehement darauf beharren.

Da ähnelt Schäubles Verhalten in gewisser Weise dem des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Auch der hat dem Brüsseler Verhandlungsergebnis erst zugestimmt, um es dann öffentlich mit scharfen Worten zu verdammen. Wie man auf diese Weise Vertrauen in Europa zurückgewinnen und erfolgreich Reformen und Sparprogramme im eigenen Land durch- und umsetzen will, ist schleierhaft.

Schäuble macht sich jetzt zusätzlich angreifbar, was ihn allerdings genauso wenig stören wird wie Tsipras. Schließlich ist der Deutsche wegen seiner unnachgiebigen Haltung bei der Griechenlandrettung sowieso schon der europäische Buhmann schlechthin. Schlimmer geht es nimmer mit den Anfeindungen. Insofern glaubt auch Schäuble, sich unbeirrt geben zu können.

Nur: Das ganze Hin und Her der Äußerungen belegt, dass man auf beiden Seiten noch nicht über das Stadium der taktischen Spielchen hinaus ist. Das ist fatal. Denn die Lage in Griechenland ist dramatisch. Was das Land und Europa freilich jetzt benötigen, ist Entschlossenheit — in die eine oder die andere Richtung.

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