Erzieher-Beruf wird unter Wert bezahlt

Kommentar Kommunale Kita-Beschäftigte streiken für besseren Tarif

Die Arbeitsagenturen Aachen, Mönchengladbach und Krefeld werben gezielt um Erzieher aus den Niederlanden. Das Bundesfamilienministerium hat in diesem Jahr ein Umschulungsprogramm für Langzeitarbeitslose aufgelegt — für den Quereinstieg in den Erzieherberuf. Und sogar die Bundeswehr bietet ihren Zeitsoldaten nach deren Entlassung eine Ausbildung zum Kindergärtner an.

Menschen, die professionell Kinder betreuen, werden händeringend gesucht. Laut Bertelsmann Stiftung fehlen in NRW 17 500 Erzieher, um einen im Bundesvergleich optimalen Personalschlüssel in den Kitas zu erzielen.

Das Problem: Der Erzieherberuf ist heutzutage nicht attraktiv, weil er unter Wert vergütet wird — vor allem weit unter seinem gesellschaftlichen Wert. Wir leben in Zeiten des U-3-Ausbaus. Zeiten, in denen der frühestmögliche Berufseinstieg von Müttern zum Ideal erklärt wird, und sich angeblich beide Elternteile „Vollzeitnahe Teilzeitmodelle“ wünschen — zumindest nach den Worten der ehemaligen Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Erzieher werden also buchstäblich mehr denn je gebraucht.

Gleichzeitig hat sich der Beruf von Grund auf verändert. Erzieher sollen die Kinder heutzutage nicht mehr nur bestmöglich betreuen, sie sinnvoll beschäftigen und ihnen soziales Verhalten in der Gruppe beibringen. Inzwischen sollen sie Eltern in regelmäßigen Abständen über den Entwicklungsstand der Kinder aufklären, frühzeitig vor Defiziten warnen und Sprachtests durchführen, die früher von Lehrern vorgenommen wurden. Laut Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut geht ein Viertel der Arbeitszeit inzwischen für derartige Tätigkeiten drauf.

Dass sich das alles bislang nicht in einer besseren Bezahlung niederschlägt, ist falsch und nur durch die klamme Haushaltslage der Kommunen zu erklären. Die Quittung dafür bekommen sie jetzt: Hunderte Erzieherstellen in NRW sind unbesetzt. Daran sollten sich Eltern erinnern, wenn sie heute vor verschlossenen Türen stehen. Mit den Versäumnissen von Land und Kommunen werden Familien jeden Tag konfrontiert. Die Unannehmlichkeiten des Streiks stören nur heute.

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