Es geht um Amtsverlust und Ehrverlust

Für Ministerin Schavan gilt weiter die Unschuldsvermutung

Die Uni Düsseldorf hat sich in der Plagiatsaffäre Schavan nichts vorzuwerfen. Das hatte sie sich jedenfalls schon vor der Entscheidung am Dienstag für ein Verfahren zur Aberkennung von Annette Schavans Doktortitel von einem Rechtsprofessor bescheinigen lassen. Doch das macht die Art und Weise, in der die Philosophische Fakultät die Sache handhabt, kein bisschen besser. Monat um Monat schleppt sich das Verfahren hin, die für eine Bildungsministerin besonders schwerwiegenden Plagiatsvorwürfe wabern durch die Öffentlichkeit, ohne dass sie sich effektiv wehren kann.

Zwar hatte die Uni schnell gehandelt, als sie im Mai vergangenen Jahres unmittelbar nach den anonym erhobenen Vorwürfen per Prüfungsauftrag reagierte. Doch dann dauerte es fast fünf Monate, bis ein interner Sachstandsbericht, der auch noch in Teilen an die Öffentlichkeit gelangte, die Vorwürfe bestätigte. Weitere vier Monate zogen ins Land, bis sich der Fakultätsrat endlich beriet. Nicht etwa zu der Frage, ob der Doktortitel nun aberkannt wird. Nein, so schnell geht das nicht. Es ging erst mal nur um die Frage, ob es zum Aberkennungsverfahren kommt. Was nun feststeht.

Wissenschaftler arbeiten gründlich. Das ist ja auch nichts Schlechtes. Doch die lange Zeitdauer richtet großen Schaden an. Ministerin Schavan geht zwar selbstbewusst davon aus, dass die Sache für sie ohne Amtsverlust endet, was angesichts ihrer herausragenden Stellung im Wissenschaftsbetrieb recht optimistisch ist. Aber es geht hier nicht nur um Amtsverlust, sondern auch um einen Ehrverlust, den dieses zähe Verfahren und die darum geführte Diskussion nach sich ziehen. Und natürlich um Politik — schließlich ist Schavan eine enge Vertraute der Kanzlerin. Eine weitere Hängepartie im Wahljahr belastet auch diese. Das müssen auch Wissenschaftler wissen, die nicht im Elfenbeinturm, sondern mitten in der Gesellschaft leben.

Manch einer mag der Kanzlervertrauten die Malaise klammheimlich gönnen, weil sie sich einst nicht nur heimlich für den des Plagiats überführten Kabinettskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg schämte. Doch eines muss für sie gelten, auch wenn der Begriff aus der Strafprozessordnung stammt und Schavan keine Angeklagte ist: die Unschuldsvermutung.

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