Fall Mollath: Eine Geschichte ohne Helden

Das juristische Ende im Fall Gustl Mollath

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Foto: Young David (DY)

Freispruch ist Freispruch. Einen Freispruch zweiter Klasse gibt es nicht. Rechtlich gesehen. Doch tatsächlich ist das ganz und gar nicht so. Der Fall Gustl Mollath ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Das Gericht sieht in ihm einen Gewalttäter, der seine Frau misshandelt hat, spricht ihn aber dennoch frei. Weil er im Wiederaufnahmeverfahren nicht schlechter gestellt werden darf als im vorangegangenen Prozess. Und da — im Jahr 2006 — war er wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, aber in die Psychiatrie eingewiesen worden.

Dass er diese Art von Freispruch schon siebeneinhalb Jahre „genossen“ habe, beklagte Mollath gestern. Die Verbitterung ist verständlich, jedoch: Selbst wenn er nach dem Freispruch nicht als die verfolgte Unschuld in Person gelten kann, als die er nach seiner spektakulären Entlassung aus der Psychiatrie und dem Erreichen des Wiederaufnahmeverfahrens erschien — er hat doch sehr viel erreicht. Für sich, aber auch für die Gesellschaft. Diese schaut hoffentlich der Justiz und ihren gutachterlichen Helfern nun intensiver auf die Finger, wenn es um Einweisungen und deren Überprüfungen geht. Die Debatte hat längst begonnen, die Regeln für die Zwangsunterbringungen, ihre Dauer und ihre Kontrollen stehen auf der politischen Tagesordnung.

Aber auch für sich selbst hat Mollath erkämpft, dass er ein freier Mann ist und eine Entschädigung von 50 000 Euro für die als rechtswidrig erkannte Zwangsunterbringung in der Psychiatrie erhält. Gewiss, der Makel, vom Gericht und damit offiziell als Gewalttäter bezeichnet zu werden, bleibt an ihm kleben. Den wird er nicht mehr los.

Ein Makel, den nicht nur Mollath nicht wahrhaben will, sondern auch alle seine Unterstützer, die in ihm gar zu gern das unschuldige, vom Staat verfolgte Opfer gesehen hätten. Eine bessere Geschichte wäre das allemal gewesen. Doch so schwarz-weiß sind eben nur Geschichten, die Realität hat Graustufen. Und dazu zählt auch, dass die vom Gericht durchgeführte Beweisaufnahme mit ihren Zeugenvernehmungen eine andere Wahrheit vom Geschehen ergeben hat, als der vom Angeklagten geschilderte Tathergang. Ein Phänomen übrigens, das zum Strafgerichts-Alltag gehört.

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