FDP: Die Selbstdemontage einer Partei

Die Liberalen vor dem Dreikönigstreffen in Stuttgart

Nach Lage der Dinge wird die politische Farbenlehre im Bundestag Ende September womöglich um eine Komponente ärmer sein. Gelb könnte fehlen, weil die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Ausgerechnet die FDP, die in Deutschland fast immer mitregiert und das Werden dieser Republik entscheidend mitgestaltet hat — und etwa 96 Prozent der Wähler in Deutschland ist das derzeit völlig egal. Die Freie Demokratische Partei ist für sie verzichtbar.

Gründe dafür gibt es viele. Die FDP ist zerstritten. Sie wird von jemandem angeführt, der seit zwei Jahren den Beweis schuldig bleibt, ein Parteichef sein zu können. Der Putsch gegen Guido Westerwelle zugunsten Philipp Röslers könnte der Partei zum Verhängnis werden, wenn sie sich nicht noch zusammenreißt. Aber danach sieht es vor dem Dreikönigstreffen am Sonntag in Stuttgart nicht aus. Röslers Gegner wetzen die Messer. Entwicklungsminister Dirk Niebel und Fraktionschef Rainer Brüderle werden alles daran setzen, dass Röslers Rede so blass wirkt wie der, der sie hält. Sie verkennen dabei, dass die Demontage des Vorsitzenden zur Demontage der Partei geraten könnte.

Denn dass in der CDU und sogar in der CSU Bündnisse mit den Grünen nach der Bundestagswahl im September nicht mehr kategorisch ausgeschlossen werden, sollte den Liberalen eine allerletzte Warnung sein. Noch sind es gut neun Monate bis zur Bundestagswahl. Noch ist Zeit, genügend Wähler hinter sich zu bringen. Aber dafür muss die FDP anfangen, eine Diskussion über Inhalte zu führen. Eine lieblos dahingeworfene Forderung nach dem Abschaffen der Steuerklasse V zugunsten von Frauen, die in den Beruf zurückkehren wollen, oder Beton-Opposition gegen einen flächendeckenden Mindestlohn reichen nicht aus. Zumal Letzterer selbst von einigen Liberalen befürwortet wird.

Die Union kann die Bundestagswahl gewinnen, weil Angela Merkel ihre Spitzenkandidatin ist. Die SPD kann die Wahl mit Hilfe der Grünen gewinnen, wenn Peer Steinbrück noch Kandidatenformat erreicht oder Hannelore Kraft sich einen Umzug von Düsseldorf nach Berlin vorstellen kann. Die FDP schafft es nur in den Bundestag, wenn sie wieder wird, was sie einst war: die Partei für Wirtschaft, Bildung und Bürgerrechte.

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