Fleischskandal: Der Handel erzählt uns was vom Pferd

Produzenten sehen sich als Opfer von Betrügern

Haben Sie Fragen oder Anregungen zu unserem Produkt? Diese oder ähnlich klingende Formulierungen pappen Hersteller von Fertigmahlzeiten zusammen mit einer Telefonnummer gern auf die Verpackung ihrer Produkte — meist in der Nähe eines (Fantasie-)Siegels, das dem Verbraucher beste Qualität garantieren soll.

Angesichts des jüngsten Lebensmittelskandals müsste eigentlich jeder Käufer von Tiefkühlkost oder Fertigprodukten zum Telefonhörer greifen und nachfragen, wie denn wohl der mutmaßlich altersschwache und medikamentenverseuchte Gaul ins Hackfleisch für Lasagne, Tortelloni und Co. gekommen ist.

Die Antworten dürften so dürr und unbefriedigend ausfallen wie die Erklärungsversuche der vergangenen Tage. Von einer Täuschung nicht nur der Verbraucher, sondern auch des Lebensmittelhandels ist die Rede, von skrupellosen Betrügereien einer Pferdemafia, gegen die man kaum etwas ausrichten könne. Das mag alles richtig sein — und ist dennoch falsch. Denn mit verantwortlichem Handeln hat eine solche Argumentation nicht allzu viel zu tun. Vorsichtig formuliert erzählt uns der Handel hier was vom Pferd.

Denn Tatsache ist, dass Supermarktketten in Deutschland Produkte in Umlauf gebracht haben, bei denen sie offenkundig nicht wissen, was überhaupt darin verarbeitet wurde. Wer sie hergestellt hat, ist zweitrangig, entscheidend ist, dass Pferdefleisch in den Eigenmarken der Ketten gefunden wurde. Marken, die suggerieren, Preiswertes und Hochwertiges unter einen Hut zu bekommen. Zudem wurden die Stichproben von verdächtigen Produkten offensichtlich erst dann in die Labors geschickt, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war. Dass der Handel die verdächtigen Verpackungen ganz stickum aus den Regalen genommen haben, und die Verbraucher erst Tage später informiert hat, ist ebenfalls kein Ruhmesblatt.

Jetzt nach Brüssel zu schielen und auf DNA-Tests zu hoffen, die falsch etikettiertes Fleisch aufspüren sollen, löst das Problem nicht. Im Zweifel sind Pferd (und möglicherweise auch andere Vierbeiner) längst verzehrt, bevor das Warnsystem anschlägt. Besser wäre, eine Industrie infrage zu stellen, die Lebensmittel anonym und schlecht kontrolliert durch halb Europa kutschiert.

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