Großbritannien — ein prima Sündenbock beim EU-Haushalt

Merkels Strategie im Ringen um den EU-Haushalt.

Die Rollenverteilung im Haushaltsstreit der Europäischen Union (EU) ist nun klar. Das europa-skeptische Großbritannien gibt den Sparmeister, der bevölkerungsreichste EU-Staat Deutschland den Vermittler und das zweitgrößte europäische Mitgliedsland Frankreich den Interessenvertreter der ärmeren Staaten. Das kann sich im Ringen ums Geld als gute Taktik erweisen — zum Nutzen der europäischen Bürger.

Zwar erzielten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die anderen Staats- und Regierungschefs der EU nach zweitägigem Ringen beim Budget-Gipfel keine Einigung, wie viel Steuergelder sie 2014 bis 2020 in die Kasse nach Brüssel überweisen. Doch immerhin haben sie Großbritannien nicht offen ausgegrenzt.

Die Briten geben ja einen prima Sündenbock ab, wenn die Staaten das Budget mit weniger Geld ausstatten, als es EU-Kommission und EU-Parlament wünschen. Zudem: Wer ansonsten sollte das „Brüsseler Paralleluniversum“ so heftig kritisieren?

Die Briten bieten Merkel zudem die Möglichkeit, jede Einigung auf den EU-Haushalt der kommenden Jahre als Erfolg zu verkaufen. Fällt er höher aus, als sie eigentlich will, kann sie darauf verweisen, dass sie immerhin die Interessen aller Staaten unter einen Hut gebracht hat. Und setzt der britische Premierminister David Cameron seine Kürzungswünsche durch, kann Merkel sagen: Genauso hab ich’s gewollt. Die Kanzlerin hat aus innenpolitischer Sicht eine schlaue Taktik gewählt, um im deutschen Wahlkampfjahr 2013 bei einem heiklen EU-Thema zu punkten.

Auch für die Bürger ist es sinnvoll, dass der erste Budget-Gipfel am Freitag keine Einigung brachte. Die Positionen der Staaten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch zu unterschiedlich. Ein rasch ausgearbeiteter Kompromiss wäre daher keine gute Lösung gewesen. Schließlich soll mit den EU-Geldern die Wirtschaft im krisengeschüttelten Europa angekurbelt werden.

Doch damit das neue EU-Budget diesen Anspruch erfüllt und „zukunftsfähig“ (EU-Jargon) ist, müssen die Staaten einiges ändern. Mehr Geld für Forschung und Entwicklung, weniger und zielgerichtetere Gelder für die Landwirtschaft — das muss ihr Ziel sein.

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