Hoher Besuch am Krankenbett

Kommentar Wenig Feierlaune am 125. Geburtstag der gesetzlichen Rente

Als die Kanzlerin der gesetzlichen Rente zum 125. Geburtstag gratulierte, da geschah das in einer dem Anlass angemessenen Feierstunde. Doch bildlich gesprochen war es ein Besuch am Krankenbett. Der greise Jubilar leidet an den Verletzungen, die ihm die Politik — insbesondere in der Ära von SPD-Kanzler Schröder — zugefügt hat. Da wurde das Niveau der gesetzlichen Rente gesenkt und den Menschen gesagt: Wenn ihr „riestert“, habt ihr im Alter nichts zu befürchten. Allerdings: Nur ein kleiner Teil der Deutschen, die mit einer Riester-Rente fürs Alter vorsorgen können, macht dies auch.

Als es darum ging, die von der Politik gerissene Rentenlücke mit privater Vorsorge zu füllen, wandte sich manch einer mit Grausen ab, weil er sich angesichts der kaum zu überblickenden Vielfalt der Finanzprodukte überfordert fühlte. Oder es fehlte schlichtweg das Geld, um vom Einkommen etwas zurückzulegen. Und diejenigen, die zur Tat schritten, werden das berechtigte Gefühl nicht los, dass ein Teil des für die Altersvorsorge gedachten Geldes nun auf den Konten der Versicherer und ihres Personals liegt.

Die Folgen der Finanzkrise haben gezeigt, was es heißt, die umlagefinanzierte Rente in Teilen durch die kapitalgedeckte Vorsorge zu ersetzen. Weil die privaten Lebens- und Rentenversicherer das Geld zu Niedrigzinsen anlegen müssen, wird es ihnen schwer fallen, die Auszahlungsversprechen zu halten.

Und jetzt? Die Kanzlerin sagt, dass das Rentensystem so ausgerichtet sein muss, dass heute arbeitende Menschen später eine verlässliche Absicherung im Alter erwarten können. Wofür neben der gesetzlichen Rente die private und betriebliche Altersvorsorge zählten. Für Menschen mit gutem Einkommen ist der Rat gewiss richtig. Doch letztlich handelt es sich um eben das Konzept, das zur Krankheit des Patienten geführt hat.

Statt die gesetzliche Rente zu stärken, heißt es nur: Kopf hoch, wird schon wieder. Ein Geburtstagsgeschenk gibt’s nicht. Die Geschenke sind nämlich längst verteilt — in Form der Rente mit 63 und der erweiterten Mütterrente. Gezahlt nicht aus Steuermitteln, sondern zu Lasten künftiger Rentnergenerationen. Aus der Kasse des Geburtstagskinds. Happy Birthday!

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