Jenseits der politischen Verantwortung

Minister Jäger und der Skandal um die Flüchtlingsheime

Kommentar von Peter Lausmann.

Kommentar von Peter Lausmann.

Foto: Nanninga, Bernd (bn)

In der Politik sind es selten die Missstände selbst, über die die Handelnden oder vielmehr Nichthandelnden stolpern, sondern ihr Umgang damit. Gemessen daran hat die Stolpergefahr für NRW-Innenminister Ralf Jäger in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen. Nicht etwa, weil die Opposition sich auf ihn einschießt und mit markigen Worten und mehr oder minder gelungenen Vergleichen seinen Rücktritt fordert.

Das gehört zum ABC der Oppositionsarbeit und hat bislang selten dazu geführt, dass ein Minister die Koffer packen musste. Der Druck wächst, weil die Öffentlichkeit den Eindruck bekommen könnte, Jäger habe sie getäuscht, weil er Warnungen zunächst ignoriert und dann verheimlicht haben könnte.

Nach dem Bekanntwerden der Misshandlungen im Flüchtlingsheim in Burbach ist Jäger in die Offensive gegangen: Schärfere Kontrollen auch durch den Verfassungsschutz, eine zehnköpfige Sondereinheit („Task Force“), keine Subunternehmer mehr in den Einrichtungen.

Viele Bürger fragen sich zwangsläufig: Warum ist das nicht ohnehin Standard bei so einer sensiblen Aufgabe?

Jägers Offensive weckt aber auch den Eindruck, dass jemand bereit ist, aus Fehlern zu lernen. Gepaart mit einer Prise Demut, die Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Landtag einstreuten, könnte der Skandal so, wenn schon nicht ohne politischen Schaden, doch zumindest glimpflich an der Landesregierung und dem Innenminister vorbeigehen.

Ganz anders liegt der Fall allerdings, sollte sich bewahrheiten, dass Jäger und sein Haus schon früher von den Zuständen in Burbach wussten, das Problem ignorierten und nun die Überraschten spielten. Bislang trägt Jäger die „politische Verantwortung“ für die Verfehlungen in seinem Ressort. Das ist ein abstrakter Begriff und nicht wenige gestehen einem Minister zu, dass er nicht alles bis ins Detail wissen und kontrollieren kann.

Sollte Jäger allerdings von den Misshandlungen gewusst und nicht reagiert haben, trägt er dafür die konkrete persönliche Verantwortung. Trotz aller Gegenmaßnahmen dürfte er dann keine lange Verweildauer im Amt mehr haben, weil er selbst beschädigt worden ist.

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