Jobwunder mit Schönheitsfehler

Immer mehr Arbeitsstellen, sinkende Arbeitslosenzahlen

Die Zahl der Erwerbstätigen steigt sechs Jahre in Folge zu immer neuen Höchstständen. Das beeindruckt in Zeiten europäischer Krisennachrichten. Doch sagen die Zahlen allein noch nichts darüber aus, wie gut es den in Lohn und Brot Befindlichen dabei geht. Wenn mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer in Leiharbeit, Teilzeitarbeit, in befristeten Stellen oder Minijobs tätig ist, so verdienen diese Menschen zwar ihr Geld — aber wie?

So erhalten Leiharbeiter im Vergleich zu Beschäftigten im Normalarbeitsverhältnis trotz vergleichbarer Tätigkeit meist geringere Löhne. Die Zahl der Minijobs dürfte mit der auf 450 Euro angehobenen Grenze weiter steigen. Schon wird gewarnt, dass Unternehmen Vollzeitjobs in Minijobs aufspalten werden. Und: Nach einer Arbeitsmarktstudie arbeiten für die bisher bei Minijobs geltende Grenze von 400 Euro ein Drittel der Minijobber 19 Wochenstunden und mehr — wenig Geld für viel Arbeit.

Natürlich gibt es im Niedriglohnsektor Beschäftigte, für die wegen ihrer schlechten Ausbildung ein Normalarbeitsverhältnis unerreichbar wäre. Die also von der seit Jahren zunehmenden Flexibilisierung des Arbeitsmarktes profitieren. Es werden diejenigen in den Arbeitsmarkt integriert, die vorher keine Chance hatten oder für die — etwa wegen Erziehung von Kindern — eine Vollzeitstelle nicht infrage kommt. Die aber auf diese Weise in Kontakt zur Arbeitswelt bleiben. Manch einer schafft den Sprung von der Leiharbeit ins Normalarbeitsverhältnis. Natürlich sind da auch diejenigen, die gar nichts anderes wollen als den Teilzeit- oder Minijob, weil sie andere Einnahmequellen haben: Verdienst des Partners, Mieten, Renten . . .

Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes hat zwar dazu beigetragen, dass die Erwerbstätigenquote steigt. Doch sollte darüber nicht vergessen werden, dass dies vom Einzelnen mitunter teuer erkauft wird. Nicht nur in näherer Zukunft, weil diese Randbereiche des Arbeitsmarkts als Puffer gelten: Die hier Beschäftigten werden bei schlechterer Konjunktur als erste ihren Job verlieren. Noch trüber ist die langfristige Perspektive. Eine ausreichende Altersversorgung lässt sich so nicht aufbauen. Das ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Belastung.

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