Klimagipfel ohne "Mutti": Sollen doch die Anderen die Welt retten

Kanzlerin Merkel ist nicht zum Klimagipfel gereist

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Die Termingründe der Kanzlerin waren vorgeschoben. Es gab in Berlin am Dienstag nichts, was Angela Merkels Anwesenheit zwingend erfordert und die Absage des Klimagipfels in New York gerechtfertigt hätte. Natürlich, das Treffen sollte nicht viel mehr als Stimmung machen für die eigentlichen Verhandlungen im nächsten Jahr.

Trotzdem hätte Angela Merkel reisen müssen. Nicht nur, weil 120 andere Staatschefs kamen und es schlichtweg ungehörig ist, wenn die Regierungschefin der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt einer Einladung des UN-Generalsekretärs nicht folgt. Sondern weil es mehr denn je um die Frage geht, ob die Weltgemeinschaft ihre Verantwortung angesichts der gigantischen Herausforderung des Klimawandels annimmt oder nicht.

Merkel hat sich beim G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007 als Klimakanzlerin profiliert. Das wirkt nachträglich wie Schauspielerei, wenn sie sich jetzt — pardon, Frau Hendricks — nur zweitklassig vertreten lässt. Und noch etwas kommt hinzu: Deutschland war Vorreiter beim Umbau der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien. Hier wurde und wird der ehrgeizige Versuch unternommen, das Wachstum vom Verbrauch fossiler Brennstoffe abzukoppeln, was tatsächlich die einzige realistische Perspektive für den Globus ist. Darauf guckt die Welt. Merkels Fehlen ist als indirektes Eingeständnis zu verstehen, dass dieser Versuch gerade zu scheitern droht und man damit nicht mehr glänzen kann.

New York war ein Klimagipfel der Appelle. Von den Inselstaaten klangen sie schon verzweifelt, denn sie saufen ab. Doch die Welt ist mit ihren vielen lokalen Konflikten beschäftigt. Sie hat kein Auge für das große Schwungrad Klimawandel, das sich im Moment noch beruhigend langsam bewegt. Sie pult jeden Liter Öl, jedes Gramm Kohle, jeden Kubikmeter Gas aus der Erde, mit immer neuen Techniken.

Aber Schwungräder haben an sich, dass sie sich bald immer schneller und dann unaufhaltsam drehen. Gut ist, dass es inzwischen kaum noch Streit um die Zusammenhänge von Co2-Ausstoß und Klimawandel gibt. Schlecht ist, dass das Vernunftwesen Mensch zwar auf 50 Jahre im Voraus denken, aber nicht so handeln kann, weil das Morgen wichtiger ist.

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