Piratenpartei: Frisch und spleenig ist zu wenig

Warum der Höhenflug der Piratenpartei zu Ende geht

Das Piratenboot kentert — führende Mitglieder verlassen das sinkende Schiff. Bei solchen mehr oder minder geistreichen Wortspielen ist zu erleben, wie rasch eine vermeintlich originelle Namensgebung zum Bumerang werden kann.

So lange die Piraten, die sich vor allem auf das I rgendwie-Anders-Sein stützen, frisch und hipp waren, konnten sie mit Formulierungen wie „fertig machen zum Ändern“ punkten. Doch geht es erstmal abwärts — und das tut es bei den Piraten angesichts sich verflüchtigender Mitglieder, interner Querelen und sinkender Umfragewerte —, dann taugt der Name nur noch für Hohn und Spott. So hart sind die politischen Regeln. Das musste auch die Partei, die noch kürzlich als Überraschungs-Star gefeiert wurde, bitter lernen.

Dabei war der Höhenflug sogar marketingtechnisch geschickt gemacht. Wenn etablierte Parteien bei den meisten nur noch Ermüdungs- und Abwehrreflexe auslösen, kommt eine Gruppierung wie die Piraten zum idealen Zeitpunkt. Die Gesellschaft ist nämlich offen für viel Basisdemokratie, frische Ideen und Politiker, die die Chancen moderner Technik und sozialer Netzwerke wirklich verstehen.

Allerdings haben die Piraten versäumt, ihren netten Aktionen auch programmatische Substanz folgen zu lassen. Ein Fehler, den übrigens einst die Grünen nicht begingen. Deshalb ist die einstige Öko-Partei heute etabliert. Die Piraten werden voraussichtlich diesem Beispiel nicht folgen können.

Unsere Gesellschaft ist zwar bereit wie nie für spaßige Elemente. Aber die nutzen sich ab. Die Öffentlichkeit nimmt die Piraten heute als unreife, zankende Truppe wahr, in der sich führende Mitglieder, wie etwa Geschäftsführer Johannes Ponader, vorwiegend um ihr persönliches Wohl zu kümmern scheinen. Doch der Partei fehlt der Wille oder auch die Kraft, sich von solchen Leuten zu trennen.

Wenn die Piraten in elf Monaten tatsächlich den Sprung in den Deutschen Bundestag schaffen wollen, dann ist es höchste Zeit, von spleenig auf konstruktiv umzuschalten. Doch Indizien dafür gibt es keine. Stattdessen verblüfft die Partei weiterhin mit Absonderlichem. Der jüngste Antrag, in Niedersachsen Adolf Hitlers „Mein Kampf“ zur Pflichtlektüre in Schulen zu machen, passt in diese Kategorie.

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