Flüchtlinge Politik muss in der Flüchtlingsfrage vorangehen

Eine Welle der Hilfsbereitschaft rollt durch Deutschland. Bürger nehmen spontan Flüchtlinge auf. Andere schmieren Brote und verteilen Getränke an die Menschen vor den Notunterkünften. Es gibt aber auch die andere, die hässliche Seite der unerwarteten Herausforderung.

Massive Intoleranz bis hin zur offenen Gewalt gegen Flüchtlinge. Rechte Schläger ziehen vor Asylbewerberheime, Unbeteiligte schauen zu oder feuern den Mob sogar noch an. Besonders in Sachsen, wo sich die Gewalt einmal mehr entlud.

Heidenau ist zum neuen Synonym für furchtbaren Fremdenhass geworden. Die gespenstischen Szenen in der Kleinstadt nahe Dresden wirken wie aus einem Bürgerkrieg entlehnt. Was läuft da schief? Zweifellos haben die Sicherheitskräfte versagt. Doch wäre es kurzsichtig, die Vorgänge auf ein Sicherheitsproblem zu reduzieren. Auch die Landesregierung steht leider nicht im Ruf, gegen fremdenfeindliche Umtriebe immer klare Kante zu zeigen. Als die Pegida-Bewegung mit dumpfen Ressentiments an Boden gewann, reagierte die Staatskanzlei in Dresden hilflos.

Besonders erschrecken muss, dass ganz normale Bürger dem rechtsextremen Mob mit mehr oder minder unverblümten Sympathiebekundungen einen zweifelhaften Resonanzboden verschaffen. Wie dumm und gefährlich das ist, hat kürzlich die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange klar gemacht. Nach Angaben der SPD-Politikerin leidet Dresden als Wissenschaftsstandort mittlerweile erheblich unter den Folgen der latenten Ausländerfeindlichkeit. Manche Forscher machen um Dresden inzwischen einen großen Bogen. Touristen aus aller Welt könnten die nächsten sein, die sich womöglich in Scharen abwenden. So schaden sich die Krawallmacher in Heidenau und anderswo am Ende auch noch selbst.

Innenminister Thomas de Maizière will mit der „gesamten Härte des Rechtsstaates“ gegen solche Umtriebe vorgehen. Recht hat er. Genauso wichtig ist aber auch, dass die Bundesregierung die Flüchtlingsfrage nicht nur als technisches Problem behandelt, sondern als ethisch-moralisches. Sie muss endlich klar sagen, in welchem Umfang Deutschland helfen kann und wo es überfordert ist. Übrigens: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat noch nie ein Flüchtlingsheim besucht. Warum eigentlich nicht?

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