Rüstungsindustrie führt die Politik vor

Gutachten zur maroden Bundeswehr-Ausstattung

Ein Kommentar von Stefan Vetter.

Ein Kommentar von Stefan Vetter.

Foto: k r o h n f o t o .de

Flugzeuge, die nicht fliegen, Raketenabwehrsysteme, die nicht schießen, zu teure Rüstungsgüter, die wegen Jahre langer Lieferverzögerung überholt sind — die Mängelliste bei der Bundeswehr ist schier endlos. Was Experten schon länger wussten, hat eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum schonungslosen Bericht verdichtet. Es handelt sich um eine alarmierende Bestandsaufnahme, mit der sich die Verteidigungsministerin konfrontiert sieht.

Doch wäre es falsch, die Schuld dafür bei Ursula von der Leyen abzuladen. Zum einen ist sie kaum ein Jahr im Amt. Zum anderen hat sie das Gutachten selbst in Auftrag gegeben. Damit hebt sich die amtierende Wehrministerin wohltuend von ihren mehr oder minder gescheiterten Vorgängern ab. Auch die wussten um die Missstände in der Truppe, waren aber entweder zu feige oder zu bequem, den Aufstand gegen einen Ministerialapparat zu wagen, der offenbar nach dem Motto verfährt: Das haben wir schon immer so gemacht, das haben wir noch nie so gemacht, da könnte ja jeder kommen!

Wenn der externe Sachverstand nicht weniger als 140 Probleme bei den wichtigsten Rüstungsprojekten ermittelt und dann schlussfolgert, dem Ministerium gelinge es nicht, seine Kosten-, Termin- und Leistungsziele gegenüber den Herstellern durchzusetzen, dann heißt das im Klartext: Die deutsche Politik lässt sich von der Rüstungsindustrie am Nasenring durch die Manege führen.

Ursula von der Leyen ist angetreten, die eklatanten Missstände zu beheben. Ihr war lange vorgeworfen worden, sie halte sich nur mit „soften Themen“ auf: Flachbildfernseher für die Soldatenstuben, Kitas für die Kasernen. Leicht vergessen wird dabei, dass eine ihrer ersten Amtshandlungen darin bestand, den für die Rüstungsbeschaffung zuständigen Staatssekretär Stephan Beemelmans, einen engen Vertrauten ihres Vorgängers Thomas de Maiziere, in die Wüste zu schicken.

Schafft von der Leyen tatsächlich das, was ihre Vorgänger de Maiziere, Franz-Josef Jung und Karl-Theodor zu Guttenberg nicht vermochten, wäre das ihr Meisterstück auf dem Weg ins Kanzleramt. Wenn nicht, dürfte sie ihre politische Zukunft verspielt haben.

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