Sichtschutzwände gegen Gaffer Schluss mit schaulustig

Sichtschutzwände nach Unfällen sind der richtige Weg

Unglücke haben schon immer die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen. Es ist wohl eine Art Reflex, der uns am Unfallort neugierig hinsehen lässt. Immer wieder wird das Thema „Gaffer am Einsatzort“ diskutiert. Doch so lange ein Schaulustiger die Rettungsarbeiten nicht behindert oder ihm eine unterlassene Hilfeleistung vorzuwerfen ist, bleibt es eher bei einem moralischen Unwerturteil. Ein Kopfschütteln über diejenigen, die ihr Fahrtempo auf Schrittgeschwindigkeit reduzieren, um möglichst viele Blicke zu erhaschen.

Durch das Smartphone und seine Möglichkeit, das Geschehen festzuhalten und dann auch noch im Internet hochzuladen, bekommt dieses Unwerturteil eine andere - gewichtigere — Qualität. Kürzlich wurde der Fall eines Mannes bekannt, der nach einem Unfall schwer verletzt im Krankenhaus lag. Dort sah er sich auf der Internetplattform Youtube ein Video an, das seinen Unfall zeigte. Mit ihm als Hauptperson. Vorgeführt in hilfloser Lage. Geradezu zynisch wirkte es da, dass 6000 Menschen den Button „Gefällt mir“ unter dem Video geklickt hatten. Er sei ein zweites Mal zum Opfer geworden, klagte er. Wer nicht böswillig, sondern nur gedankenlos ist, mag sich einmal die Frage stellen, wie er selbst es empfinden würde, unfreiwillig zum Hauptdarsteller eines solchen Videos zu werden.

Gewiss, auch Medien dokumentieren Unfälle. Mit Bildern, mit Filmen. Meistens aber so professionell, dass kein Unfallopfer erkennbar ist. Solch einen Anspruch kennt mancher Gaffer nicht, der mit schockierenden Bildern Aufmerksamkeit und Anerkennung bei Gleichgesinnten ernten will. Zwar gibt es rechtliche Möglichkeiten, gegen solche Menschen vorzugehen. Mit Schmerzensgeldklagen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung etwa. Doch nicht immer sind die Verursacher zu fassen. Und die Polizei am Unfallort hat meist Wichtigeres zu tun, als den Handynutzer im langsam an der Unfallstelle vorbeirollenden Auto zu verfolgen.

Die Sichtschutzwände sind da ein erfolgversprechender Ansatz, die Unfallopfer zu schützen. Und sie sind ein deutlich sichtbarer Appell an die vorbeifahrenden Autofahrer: Das Leid der anderen ist kein Spektakel. Schluss mit schaulustig!

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