Analyse: Steve Ballmer kehrt Microsoft endgültig den Rücken

Redmond (dpa) - Steve Ballmers Auftritte als Chef des weltgrößten Softwarekonzerns Microsoft sind Legende. Unvergessen sind seine exaltierten Show-Einlagen, in denen er etwa schwitzend und hüpfend „I love this company“ skandierte.

Analyse: Steve Ballmer kehrt Microsoft endgültig den Rücken
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Nun geht eine Ära zu Ende. Nach 34 Jahren zieht sich das IT-Urgestein bei Microsoft zurück. In einem Abschiedsbrief an Konzernchef Satya Nadella erklärte der langjährige Spitzenmanager, er wolle sich künftig anderen Dingen wie den LA Clippers widmen. Ballmer hatte das Basketball-Team gerade erst für zwei Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro) übernommen.

„Es wäre unpraktisch für mich, dem Microsoft-Board weiter zu dienen, es ist das Beste, aufzuhören“, schreibt Ballmer. Microsoft sei sein Leben gewesen und er sei stolz auf das Unternehmen.

Der Firma stünden große Herausforderungen bevor, aber die Möglichkeiten seien noch viel größer. Der enge Vertraute von Unternehmens-Mitgründer Bill Gates bleibt größter Einzelaktionär. Ballmer war bis zuletzt in der Branche nicht unumstritten, galt aber als versierter Geschäftsmann.

Er wolle sich nun unter anderem auf den Saisonstart der Clippers konzentrieren. Nach langem Hickhack ist Ballmer ist seit vergangenem Dienstag endgültig neuer Besitzer des NBA-Clubs aus Los Angeles. Zuletzt zog er bei dem Verein der nordamerikanischen Basketball-Profiliga eine filmreif inszenierte Antritts-Show ab. Das Spektakel erinnerte an Ballmers große Zeiten bei Microsoft.

Auch Daniel Ives, Analyst bei FBR Capital, sieht den Abschied als Einschnitt. Ballmer sei der „Elefant“ im Microsoft-Vorstand gewesen, sagte Ives dem „Wall Street Journal“. Ballmers Rückzug gebe seinem Nachfolger Nadella nun den Raum für einen neuen Start.

Konzernchef Nadella bedankte sich brav im Namen des ganzen Unternehmens und aller Manager: „Es war ein großartiges Privileg, mit dir gearbeitet und von dir gelernt zu haben.“ Auch wenn Ballmers Erkenntnisse und Führungsstärke im Unternehmen vermisst würden, verstehe und unterstütze Nadella dessen Entscheidung.

Der 58-Jährige Ballmer war 1980 der erste Microsoft-Angestellte. Rund 25 Jahre lang war er der starke zweite Mann hinter Bill Gates, mit dem er den Konzern aufbaute. Nach dem Rückzug von Gates stand er knapp 13 Jahre selbst als CEO an der Spitze des Konzerns, zuletzt als Mitglied des Verwaltungsrats. Vor sechs Monaten machte er Platz für Nadella.

Anders als der eher scheue Software-Visionär Gates setzte er sich immer wieder als bulliger Choleriker mit Herz und Leidenschaft in Szene. Bei neuen Entwicklungen bewies er nicht immer ein glückliches Händchen. So ging das Betriebssystem Windows Vista auf seine Kappe, einer der größten Flops der Firmengeschichte.

Als Apple-Chef Steve Jobs das erste iPhone präsentierte, hatte Ballmer nur Spott übrig. Er wisse nicht, wer sich ein so teures Handy kaufen sollte, lästerte er. Als Fehleinschätzung erwies sich auch Microsofts zögerliche Reaktion auf den Boom im Tablet-Markt, den Apples iPad auslöste.

Ballmer hält mit mehr als 333 Millionen Anteilsscheinen etwa vier Prozent am Unternehmen, ist noch vor Gates der größte Einzelaktionär. In dieser Rolle will er das Management auch weiter unterstützen. „Zählt auf meine Ideen und meinen Input.“ Microsoft werde neue Höhen erklimmen: „Ich werde als Aktienbesitzer davon profitieren.“

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