Bitte ohne Schnickschnack: Handys und Telefone für Ältere

Berlin (dpa/tmn) - Weniger ist mehr. Das gilt gerade bei Handys und Telefonen für Ältere. Doch nicht jedes Telefon, das mit dem Wort Senioren wirbt und nur Basisfunktionen bietet, ist auch einfach zu bedienen.

Zu kleine Knöpfe, zu komplizierte Menüs - so etwas macht jedem Handynutzer zu schaffen. Für Ältere ist es aber besonders wichtig, dass Telefone benutzerfreundlich gestaltet sind. Wenn es um die Bedürfnisse Älterer bei Mobil- und Festnetztelefonen geht, ist Schnickschnack daher unerwünscht.

„Die meisten haben das Handy nur dabei, um im Notfall Hilfe holen zu können“, sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Nicola Bilstein von der Katholischen Universität Eichstätt. „Nur einige wollen ständig erreichbar sein, selbst SMS ist vielen zu unpersönlich.“ Bilstein erforscht im Rahmen des vom Bundesbildungsministerium geförderten MIDIS-Projektes die technischen Bedürfnisse Älterer. Dazu sind 70 Senioren und Experten interviewt und 450 ältere Menschen standardisiert befragt worden.

Doch was macht ein Telefon speziell für Senioren aus? „Beim Handy sollten die Tasten groß und das Display gut lesbar sein“, fasst Bilstein die wichtigsten Anforderungen Älterer zusammen. „Auf der anderen Seite soll es nicht wie ein Seniorenhandy aussehen mit Riesentasten.“ Ein Mittelding aus Funktionalität und Design also.

„Da tut sich einiges - optisch sind die dezidierten Seniorenhandys deutlich schicker als vor zwei Jahren“, sagt Handyexperte Markus Eckstein von der Zeitschrift „connect“. Eher „Sanitätshausware“ seien die ersten Modelle optisch gewesen. „Aber die klobigen Dinger gibt es nicht mehr oder nur sehr vereinzelt.“

Gerade für Senioren muss die Klangqualität stimmen: „Wichtig ist, dass man den anderen akustisch gut versteht“, sagt Bilstein. Wer schlechter hört, sollte zusätzlich darauf achten, dass Lautsprecher und Klingelton laut genug sind. Hörgeräteträger müssen auf die Kompatibilität des Telefons achten. Sinnvoll kann auch ein optisches Signal für Anrufe sein - für Festnetz- und Mobiltelefone.

Bei anderen Funktionen scheiden sich die Geister. „Der eine möchte eine Notruffunktion, oder der Enkel hätte es gerne, der andere sagt, das kommt mir nicht ins Haus“, sagt Eckstein. Viele für Senioren gedachte Handys haben einen Notrufknopf. Wird dieser gedrückt, wählt das Handy meist mehrere Nummern nacheinander an, bis jemand abnimmt und schaltet auf Freisprechen. Teils wird zudem eine SMS verschickt.

Geht ein Anrufbeantworter heran, stoppen manche Handys den Notruf. Deshalb sollten in diesem Fall alle Angehörigen und Bekannten der Notrufkette auf den AB verzichten. Es gibt aber auch Modelle, die die nächste Nummer wählen, wenn der Angerufene nicht eine Taste drückt.

Käufer sollten sich nicht von großen Tasten blenden lassen: Knackpunkt ist die Menüführung. Denn einige sogenannte Seniorenhandys segeln unter falscher Flagge. „Die haben nur größere Tasten, aber keine besonders einfache Benutzerführung“, kritisiert Eckstein. „Nicht jeder Hersteller entwickelt einfache Menüstrukturen.“

Hier geht probieren über studieren. „Ein Tipp ist, das Ding in die Hand zu nehmen, dann merkt man schnell, was funktioniert und was nicht“, sagt der Experte. So spürt man auch, ob der Druckpunkt der Tasten oder die Verarbeitung stimmen. Gibt es keine Möglichkeit, die Handys im Handel zu testen, lassen sie sich wegen des zweiwöchigen Rückgaberechts risikolos online zur Anschauung bestellen.

Selbst einfachste Modelle ohne eigens entwickelte Menüstruktur können eine Alternative sein, sagt Eckstein. „Mit etwas Übung kann man auch mit einem abgespeckten Handy zurechtkommen.“ Grundsätzlich seien auch Klapphandys empfehlenswert: „Beim Barren fallen Display und Tastatur schnell klein aus.“

Robuste, sogenannte Outdoor-Handys, die relativ schlag-, stoß- und wasserfest sind, können Senioren ebenfalls in Betracht ziehen. „In den Interviews kam immer wieder die Angst durch, dass man Technik zerstört“, erklärt Wissenschaftlerin Bilstein. Ein Gerät für alle gibt es eben nicht. „Menschen sind unterschiedlich in Hinblick auf ihre Technikaffinität“, sagt die Wissenschaftlerin.

Deshalb sollten sich interessierte Senioren auch nicht von Smartphones mit Internetzugang und Touchscreen abschrecken lassen. „Zwar mag die Funktionsvielfalt auf den ersten Blick verwirrend sein, aber dafür besitzen manche Geräte ein übersichtliches Display“, heißt es bei der Deutschen Seniorenliga. „Einige populäre Geräte lassen sich trotz ihrer Fülle an Funktionen einfach bedienen.“

Auch Markus Eckstein ist davon überzeugt, dass Touchscreens für Ältere Sinn machen und sich durchsetzen werden - wenn die ersten Hersteller mit seniorengerechten Betriebssysteme auf den Markt kommen: „Ich kann die Oberfläche beliebig anpassen und habe ein größeres Display.“ Aber mit den etablierten mobilen Betriebssystemen seien viele Senioren schnell überfordert. „Die melden sich viel zu oft, zeigen ein WLAN an oder fragen nach GPS-Zugriff“, sagt Eckstein. „Wer nicht ganz so fit ist, verzweifelt daran.“

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