Das Notebook als Fernsehstudio - Videos live ins Netz senden

Hamburg (dpa/tmn) - Ein Notebook, eine Kamera, eine Webseite - und fertig ist der Ü-Wagen. Für Liveübertragungen mit Bild und Ton braucht es heute kein teures Profi-Equipment mehr. Ohne ein Grund-Know-how kommen Netz-Broadcaster aber nicht aus.

Rockbands tun es, Kirchen auch, Unis und Blogger ebenso. Die Rede ist vom Videostreaming oder -broadcasting, der Liveübertragung von bewegten Bildern übers und ins Internet. Mit der Technik kommen auch Anfänger gut zurecht, sagt Blanche Fabri. „Ein bisschen Computerwissen kann natürlich nicht schaden“, weiß die Medienwissenschaftlerin, die selbst Streams für verschiedene Institutionen produziert. „Vor allem brauche ich aber Zeit und Begeisterung, um mich da reinzufuchsen.“

Neben einem PC, einem Internetzugang und einer Kamera benötigen Hobby-Broadcaster einen Account bei einem Streaming-Anbieter. Der sorgt dafür, dass die Aufzeichnung ohne Zeitverzögerung im Netz landet, entweder per Software oder über den Browser. Zuschauer können den Stream auf der Seite des Anbieters sehen. Meist lassen sich die Übertragungen auch in Blogs oder Webseiten einbinden. Viele Streaming-Anbieter bieten Smartphone- und Tablet-Apps zum Zuschauen. Eine Funktion zum Archivieren eigener Sendungen ist fast Standard.

Bei fast allen Anbietern gibt es kostenlose Accounts mit weniger Funktionen oder eingeschränkter Sendezeit - was für Einsteiger meist völlig ausreicht. Für unbegrenztes Videostreaming werden dagegen je nach Anbieter Monatsgebühren von bis zu 200 Euro fällig.

Zu den großen Anbietern gehören zum Beispiel Ustream.tv, Livestream.com, Justin.tv oder das aufs Streamen von Videospielen spezialisierte Twitch.tv. Für erste Gehversuche eignet sich auch die sogenannte Hangout-Funktion von Google+. Ein deutscher Anbieter ist etwa Make.tv. „Unsere Kunden kommen aus den verschiedensten Bereichen“, erklärt Georg Lenzen, technischer Projektleiter bei der Kölner Firma. Das Spektrum reiche von Priestern, die ihre Predigten streamen, über wissenschaftliche Fachtagungen bis hin zu Bloggern.

Ein Grund für die wachsende Popularität des Videostreamings ist der technische Fortschritt. „Vor zehn Jahren gab es zwar schon Internet“, sagt Blanche Fabri. „Die Streams von heute hätte man mit den damaligen Computern aber weder senden noch empfangen können.“

Für die Verbindung des Rechners mit dem Internet empfiehlt Fabri unbedingt ein Netzwerkkabel: „WLAN ist für die vielen kleinen Datenpakete, die da verschickt werden, einfach zu störanfällig.“ Außerdem sollte der Internetanschluss nach Angaben der meisten Anbieter eine Uploadgeschwindigkeit von mindestens einem Megabit pro Sekunde liefern, für HD-Streams mindestens doppelt so viel.

Knifflig ist die Wahl der richtigen Kamera. Ein Camcorder ist in Sachen Bildqualität natürlich die beste, aber meist auch die teuerste Lösung. Digitale Fotokameras liefern inzwischen meist ebenfalls gute Videos. Allerdings ist es nicht immer leicht, Videos vom Camcorder oder der Kamera an den Rechner zu streamen. Haben Camcorder und PC einen Firewire-Anschluss, reicht ein Kabel. Am Rechner kann eine Firewire-Schnittstellte per Karte nachgerüstet werden. Sonst muss zwischen beide Geräten oft eine Box geschaltet werden, die etwa das HDMI-Signal des Camcorders für einen Firewire- oder USB-Anschluss umwandelt. Selten haben PC-Grafikkarten einen HDMI-Eingang.

Zumindest für Anfänger dürfte es oft einfacher sein, eine bessere Webcam zu verwenden. Die lässt sich einfach per USB mit dem PC verbinden. Das gilt auch für einige, aber längst nicht alle Digkitalkameras. Hier kommt es darauf an, ob der Hersteller einen Treiber mitliefert. Um Videostreaming auszuprobieren genügt im Prinzip sogar die eingebaute Webcam im Notebook. „Die sind heute oft erstaunlich gut“, findet Streaming-Expertin Fabri.

Nicht zu vernachlässigen ist der Ton. „Viele arbeiten ja am Computer, während sie den Stream verfolgen“, erzählt Blanche Fabri. „Die sehen das Bild dann gar nicht und sind auf den Ton angewiesen.“ Sie empfiehlt deshalb: Im Zweifel lieber Geld in ein gutes Mikro investieren als in eine tolle Kamera.

Wer Kamera oder Notebook einfach aufstellt und drauflosfilmt, kann Probleme bekommen. „Schwierig wird es immer, wenn ich Rechte Dritter tangiere“, sagt der Berliner Medienanwalt Thorsten Feldmann. Wer etwa Veranstaltungen streamen möchte, sollte das Hausrecht beachten: Gibt es Aushänge, die das Filmen und Fotografieren verbieten?

Ist das nicht der Fall, kann man trotzdem nicht alles und jeden ins Netz bringen - denn dabei verletzt man eventuell das Recht am eigenen Bild der Gefilmten. „Bei öffentlichen Veranstaltungen ist das meist kein Problem“, erklärt Feldmann. „Die Teilnehmer haben da oftmals stillschweigend ihre Einwilligung in Filmaufnahmen gegeben, oder es handelt sich um ein Ereignis der Zeitgeschichte.“

Im Zweifel fragt man aber lieber einmal zu viel, denn auch das Urheberrecht spielt eine Rolle: „Eine Präsentation bei einer Vorlesung kann geschützt sein“, erklärt Feldmann. „Eine Rede als Sprachwerk ebenfalls.“

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