Ein iPad mini wird für Apple zum Balanceakt

New York (dpa) - Wenn Apple am Dienstag wie erwartet ein kleineres iPad-Modell vorstellt, werden die Karten auf dem boomenden Tablet-Markt neu gemischt. Wie stark - das hängt davon ab, wie tief Apple mit dem Preis runtergeht.

Ein iPad mini in Nähe der heutigen unteren Preisgrenze bei 199 Euro oder Dollar würde vor allem kleineren Rivalen gnadenlos die Luft wegsaugen. Jeder Zehner mehr wird die Profite von Apple weiter maximieren, aber auch den günstigen Wettbewerbern mehr Raum lassen.

Zweieinhalb Jahre nach dem Start der ersten iPad-Generation hat Apple das Tablet-Geschäft immer noch fest im Griff, der Marktanteil wird auf 60 bis 70 Prozent geschätzt. Doch vor der Tür steht eine neue Konkurrenzwelle, die so stark wirkt, wie keine zuvor. So bringt Microsoft mit der Markteinführung seines neuen Windows 8 sein Tablet Surface heraus - der allererste Vorstoß des Software-Riesen ins Geräte-Geschäft. Google will kommende Woche laut Medienberichten ein Nexus-Tablet in iPad-Größe präsentieren.

Das Geschäft mit kleineren und günstigeren Tablets überließ Apple bislang komplett der Konkurrenz. Und einige haben sich in dieser Nische bereits häuslich eingerichtet. So beansprucht der weltgrößte Online-Einzelhändler Amazon mit seinem Kindle Fire nach einem Jahr bereits gut ein Fünftel des amerikanischen Tablet-Marktes für sich - und greift jetzt mit dem verbesserten Modell Fire HD auch in Europa an.

Google setzt auf das Nexus 7, das angeblich kommende Woche aufgefrischt werden soll. Zumindest beim Preis des iPad mini wird Apple ganz sicher nicht mit den 199 Euro bzw. Dollar mithalten, die diese Geräte kosten. Denn Amazon-Chef Jeff Bezos räumt offen ein, dass dieser Preis in Nähe der Produktionskosten liegt und Amazon hoffe, das Geld später mit dem Verkauf von Büchern, Filmen oder Musik herauszuholen. Und das ist nicht die Art, wie Apple Geschäfte macht. Der Telekom-Riese Vodafone setzt sogar noch eins drauf und verkauft mit dem Smart Tab 2 ein 7-Zoll-Tablet für knapp 190 Euro - sogar mit UMTS-Funk.

Apple-Chef Tim Cook steht vor einem Dilemma: Ein iPad mini muss so günstig sein, dass es den Rivalen Käufer abjagen kann - aber zugleich nicht so billig, dass die Apple-Fans dafür massenweise auf den Kauf eines größeren iPad-Modells verzichten. Einige Analysten schätzen, dass rund 15 Prozent potenzieller iPad-Käufer eher zur Mini-Version greifen könnten.

Vor einigen Wochen veröffentlichte der deutsche Blogger Florian Schimanke einen angeblicher Screenshot aus dem Warenwirtschaftssystem von Media-Markt, demzufolge der Preis für das iPad mini bei 249 Euro anfangen soll. Zugleich berichtete das gewöhnlich ziemlich gut informierte US-Blog „9to5Mac“, dass die US-Preise erst bei 329 Dollar anfangen sollen. Das könnte Sinn ergeben: Schließlich verkauft Apple schon seinen Mediaplayer iPod touch in der neuen Version ab 299 Dollar bzw. 319 Euro.

Überhaupt sickerten diesmal deutlich weniger Informationen durch als zum Beispiel bei den jüngsten iPhone-Vorstellungen. Glaubwürdige Bilder gab es diesmal kaum. Immerhin war zu lesen, dass ein iPad mini einen Bildschirm mit 7,85 Zoll (19,94 cm) Diagonale bekommen werde - etwas mehr als bei der kleinen Konkurrenz. Zudem soll es sehr dünn werden, mit schmalen Rändern um den bildschirm. Der Verkauf könnte am 2. November starten. Außerdem wird spekuliert, dass Apple bei dem Event in San Jose noch weitere Produkte erneuern könnte. Die Gerüchte gehen von einem neuen MacBook Pro mit 13-Zoll-Bildschirm und hoher Auflösung bis hin zu aufgefrischten iMac-Desktops.

Ein kleineres iPad ist ein Phantom, das schon seit mehr als einem Jahr durch die Apple-Gerüchteküche geistert. Im Oktober 2010 hatte Apple-Gründer Steve Jobs die ganze Geräteklasse der Tablets mit 7-Zoll-Bildschirm noch als „Totgeburten“ bezeichnet. Sie seien zu groß, um sie wie ein Smartphone immer dabeizuhaben - aber zu klein, um dem Nutzer ein ordentliches Tablet-Erlebnis zu bieten. Die Hersteller müssten den Nutzern am besten gleich Schleifpapier mitliefern, damit diese ihre Finger anpassen könnten, spottete Jobs.

Zugleich gab es schon da auch in der Apple-Chefetage Befürworter des Formats wie den einflussreichen Chef de iTunes-Plattform, Eddy Cue. Laut einer internen E-Mail, die im Patentprozess gegen Samsung auftauchte, soll Cue Ende 2010 auch bei Jobs für die Entwicklung eines kleineren Tablets geworben haben - und der „iGod“ habe sich für die Idee empfänglich gezeigt.

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