Gratis-Internet in den Innenstädten rückt näher

Technisch wäre W-Lan als Alternative zum Mobilfunknetz möglich. Dafür müssten Gesetze geändert werden.

Düsseldorf. E-Mails schreiben im Park, in der U-Bahn die neuesten Nachrichten lesen, in der Mittagspause auf Facebook stöbern — wer unterwegs mit seinem Computer oder Telefon ins Internet geht, ist in den allermeisten Fällen auf das Mobilfunknetz angewiesen.

Dabei wäre es zumindest in großen Städten durchaus möglich, flächendeckendes Internet via W-Lan anzubieten — im besten Fall sogar kostenlos. Was fehlt, ist die nötige Infrastruktur und eine Gesetzesänderung. In beiden Bereichen gibt es vielversprechende Signale.

In Berlin ist das freie W-Lan seit diesem Monat bereits Realität — wenn auch noch nicht flächendeckend. Unterstützt von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat Kabel Deutschland das Pilotprojekt „Public Wifi Berlin“ gestartet.

An 44 belebten Orten in der Stadt kann sich schon jetzt jedermann mit seinem Smartphone, Tablet oder Notebook für 30 Minuten kostenlos ins Netz begeben. Bis zum Sommer sollen 60 weitere so genannte Hotspots dazukommen.

Netzaktivisten wie die Initiative „Freifunk“ geht dieser Flickenteppich nicht weit genug. Sie machen sich schon seit Jahren für ein flächendeckendes, kostenloses Funknetzwerk stark. Die Idee: Jeder, der das offene W-Lan nutzt, wird gleichzeitig Teil des Netzwerks und erweitert es dadurch. Es entsteht ein großes, sich selbst organisierendes System (Mesh Network), das im Idealfall eine ganze Stadt und mehr abdeckt.

Dass diese schöne Idee hierzulande bislang nicht wirklich ernst genommen wurde, liegt auch an der so genannten „Störerhaftung“: Laut Gesetz muss jeder seinen Netzzugang vor Missbrauch schützen. Wer ein unverschlüsseltes W-Lan anbietet und illegale Downloads nicht namentlich einem Täter zuordnen kann, ist im Zweifel selbst dran. Und zwar mit Abmahnkosten von 500 bis 1000 Euro pro Fall. Eine ganze Industrie von Anwälten lebt davon.

Der Bundesrat hat die Bundesregierung jetzt aufgefordert, eine Lockerung des Gesetzes zu prüfen — und damit eine Debatte in Gang gebracht (siehe Seite 1). Deren Ausgang ist zwar noch ungewiss.

Laut „Freifunk“ könnte die Vision vom freien W-Lan aber auch mit der heutigen Gesetzeslage schon realisiert werden. Dazu müssten die Netzbetreiber (für die die Störerhaftung nicht gilt) ebenfalls auf „Mesh“-Technik setzen.

Das große Mesh-Netzwerk wäre dann quasi die Brücke zum Netzbetreiber, wo sich die einzelnen Nutzer anmelden müssen — und damit auch identifizierbar wären. In Berlin wird über genau diese Verknüpfung von privaten und kommerziellen Netzen bereits nachgedacht. Das freie W-Lan scheint plötzlich ziemlich nahe.

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