Microsoft setzt auf schnellen Erfolg von Windows 8

Berlin (dpa) - Mit Windows 8 setzt Microsoft klar auf Sieg. Das neue Betriebssystem, das inklusive mehr als hundert verschiedener Geräte seit Freitag weltweit im Handel ist, ist der große Hoffnungsträger des Softwarekonzerns - und die wichtigste Produkteinführung seit Windows 95 vor rund 17 Jahren.

Das komplette Image des größten Softwareherstellers der Welt hängt von seinem Erfolg ab. „Windows ist das Gesicht von Microsoft“, betonte Microsoft-Chef Steve Ballmer zum Start in New York. „Wir haben Windows völlig neu erfunden.“

Windows läuft zwar auf über 90 Prozent aller Computer weltweit, doch das Geschäft mit stationären PCs läuft schleppend. Den boomenden Markt der Tablets und Smartphones musste Microsoft dagegen bislang weitgehend der Konkurrenz überlassen. So erzielt Apple inzwischen alleine mit dem iPhone mehr Gewinn als Microsoft insgesamt. Und Ballmer dürfte diese Schieflage auch als persönlichen Misserfolg verstehen. Seitdem er nach dem Rückzug von Microsoft-Mitgründer Bill Gates die Geschicke des Konzerns übernommen hat, ist es ihm nicht gelungen, zu den großen Rivalen Apple und Google im mobilen Geschäft aufzuschließen.

Mit Windows 8 ist Microsoft nun auf allen Geräten vertreten, vom Personal Computer über den Laptop, das Tablet und neuen Convertibles bis hin zum Smartphone. Die Nutzung soll kinderleicht sein, keine Handbücher seien zum Start nötig, sagte Windows-Chef Steven Sinowsky. 1,24 Milliarden Stunden sei die Betaversion der Software von den Nutzern getestet worden. „Kein Produkt wurde jemals so intensiv von externen Nutzern getestet.“

Die PC-Branche erhofft sich von Windows 8, dass das neue Betriebssystem wie vielfach auch seine Vorgänger den Markt der Personal Computer wieder in Schwung bringt. Doch das könnte noch seine Zeit brauchen. Die Marktforscher von Gartner hatten zuletzt prognostiziert, dass es vor allem bei den wichtigen Unternehmenskunden noch bis 2015 dauern könnte, bis diese auf Windows 8 migrieren.

Speziell im professionellen Einsatz zeigt das neue System mit dem alternativen traditionellen Startbildschirm erst auf den zweiten Blick seine Vorzüge gegenüber Windows 7 - der Anreiz dürfte deshalb bei weitem nicht so groß sein wie im Consumer-Bereich, wo das Kacheldesign die Nutzung mit den Fingern etwa auf Tablets besonders komfortabel macht. Einer aktuellen Umfrage der Wochenzeitung „Computerwoche“ unter 700 IT-Entscheidern zufolge überlegten derzeit nur rund ein Fünftel der Unternehmen in Deutschland, in den kommenden zwei Jahren auf Windows 8 zu wechseln.

Steve Ballmer und Steven Sinofsky richteten sich zum Produktstart in New York denn auch ausdrücklich an die privaten Nutzer. „Wir haben (mit Windows 8) das beste aus allen Welten zusammen gebracht“, sagte Ballmer. Das System eigne sich sowohl für die Arbeit am PC als auch für die Unterhaltung und das Spielen auf dem Tablet. Mit den Fingern gesteuerte Geräte sollen eine ganz neue Erfahrung mit Computern vermitteln. Bis zum Jahresende sind allerdings lediglich 10 Prozent der Windows-8-Geräte mit Touch-Displays ausgestattet, sagte Rick Sherlund, Analyst bei Nomura Securities nach Gesprächen mit Komponentenhersteller aus Asien. Der Rest werde weiterhin traditionell mit Maus und Keyboard gesteuert.

Vor allem neue Gerätekategorien wie die Convertibles genannten Hybrid-Rechner und neuen Tablets sollen nach dem Willen von Microsoft die Privatkunden begeistern. Von ihnen erhofft sich das Unternehmen einen Multiplikator-Effekt, denn sie könnten ihre persönlichen Geräte in die Unternehmen tragen und damit auch dort zum Schwenk auf Windows 8 beitragen - ein Konzept, das Apple mit seinem iPhone erfolgreich umsetzte.

Bei den wichtigen Unternehmenskunden will Microsoft aber dennoch punkten. Ballmer strich heraus, dass mobile Geräte mit Windows 8 mit Hilfe zahlreicher Sicherheitsfunktionen und einem mobilen Management optimal in Unternehmensnetzwerke integriert werden könnten. Damit soll sich Windows 8 vor allem gegen die Rivalen Android von Google und iOS von Apple glänzen.

Letztlich dürfte ein schneller Start und eine zügige Akzeptanz im Markt - sowohl bei den privaten als auch bei den Geschäftskunden den Erfolg von Windows 8 entscheiden. Deshalb tritt Microsoft auch mit Kampfpreisen zum Einstieg an. Steve Ballmer gab sich überzeugt - doch man hat den Microsoft-Lenker, dessen tänzerische Showeinlagen und sein gestampftes Statement „I love this company“ (Ich liebe diese Firma) legendär sind, auch schon euphorischer erlebt. Immerhin stahl niemand dem Microsoft-Chef die Show. Fast zur gleichen Zeit wie Ballmers Bühnenauftritt am Donnerstagabend enttäuschte Apple die Börse mit den jüngsten Geschäftszahlen, weil die Verkäufe des iPad unter den Erwartungen lagen. Zumindest diese Nacht gehörte Steve Ballmer und seinem Windows 8.

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