Politik und Wirtschaft treffen sich zum IT-Gipfel

Berlin (dpa) - Zum fünften Mal kommen Wirtschaft und Politik zu einem IT-Gipfel zusammen, um gemeinsam den Kurs für die Entwicklung der digitalen Gesellschaft abzustecken:

„Es geht um den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft“, sagt einer der Gipfelteilnehmer, der Potsdamer Informatiker Christoph Meinel. Eine wichtige Hürde in diesem vorweihnachtlichen Dialog ist bereits vor der Konferenz am Dienstag in Dresden aus dem Weg geräumt.

Nach der hitzigen Sommerdebatte um Google Street View hat die IT-Branche einen „Datenschutz-Kodex“ vorgelegt, und Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat eine „rote Linie“ gezogen. Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, August-Wilhelm Scheer, lobt die Selbstverpflichtungserklärung der Wirtschaft, „die den Verbrauchern Rechte einräumt, die weit über das gesetzliche Maß hinausgehen.“ Unternehmen wie Google, Microsoft, die Deutsche Telekom oder die Deutsche Post bieten an, zu den besonders umstrittenen Geodatendiensten eine „Zentrale Informations- und Widerspruchsstelle im Internet“ einzurichten.

Darüber hinaus soll ein Gesetz grundsätzliche Grenzen für Datendienste setzen - bei der ungewollten Veröffentlichung von Persönlichkeitsprofilen, unerwünschten Bewegungsprofilen sowie Fotos und anderen Daten, die Personen „in ehrverletzender Weise beschreiben oder abbilden“.

Die Veranstalter erwarten zum 5. Nationalen IT-Gipfel rund 1000 Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft - unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) und die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Neelie Kroes. Auf dem Programm steht ein strategisches Konzept der Bundesregierung zur Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik mit dem Titel „Deutschland Digital 2015“. Darin geht es unter anderem um den weiteren Ausbau der Breitbandnetze, also um möglichst flächendeckende schnelle Internet-Verbindungen.

Die Branche freut sich auf Aufträge, verlangt für „diese Milliardeninvestitionen allerdings stabile und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen“, wie Bitkom-Vizepräsident und Telekom-Chef René Obermann deutlich macht. Auch Infineon-Chef Peter Bauer meldet im Blog zum IT-Gipfel schon mal Wünsche an: „Unternehmen, die in Deutschland kapitalintensiv produzieren und hohe Forschungsaufwendungen finanzieren, sind im internationalen Vergleich im Nachteil.“ So würden Ausgaben für Forschung und Entwicklung „nicht steuerlich gefördert, steuerliche Verlustvorträge sind nicht voll nutzbar, Strom ist teuer, Investitionsbeihilfen auf niedrigem Niveau limitiert“.

„Die Wissenschaft kann im Dialog von Politik und Wirtschaft als Moderator dienen“, sagt Professor Meinel vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, wo 2006 der erste IT-Gipfel stattfand. „In der Wissenschaft überblickt man eher die Konsequenzen und schaut auch stärker in die Zukunft als Politik und Wirtschaft“, sagt Meinel im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. In Dresden gehe es vor allem darum, die Arbeit öffentlich sichtbar zu machen, die das ganze Jahr über in den Arbeitsgruppen geleistet worden sei.

Meinel wirkte in der Arbeitsgruppe 2 mit, die sich unter anderem mit dem Ausbau der Internet-Versorgung in der Fläche beschäftigt hat. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet hier zum Ende des Jahres mit 98,5 Prozent Flächendeckung bei den Breitbandanschlüssen in Deutschland. Die Anliegen der weiteren Arbeitsgruppen reichen vom IT-Standort Deutschland bis zu dem für den Tagungsort Dresden besonders interessanten Regionalthema Mikroelektronik in Sachsen. Ein Sonderthema widmet sich unter dem Schlagwort E-Health der zunehmenden Bedeutung der Informationstechnik für die Gesundheitsversorgung.

Als Institutsleiter ist Meinel besonders an der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Informatik gelegen. Da gehe es auch darum, mehr als bisher junge Frauen für die IT zu interessieren - diese haben bislang nur einen Anteil von 10 bis 15 Prozent der Studierenden. „Da gibt es immer noch dieses Berufsbild des Informatikers mit Pickelgesicht, der im Keller vor einer Tafel Schokolade und einer Cola-Flasche sitzt und einsam vor sich hinarbeitet“, sagt Meinel. „Das stimmt aber schon lange nicht mehr.“

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