Schrilles Outfit für Computer - Meisterschaft im Casemodding

Schwabach (dpa) - 1200 Arbeitsstunden für „Ruhm und Ehre“: Ali Abbas verwandelt graue Computergehäuse in ausgefallene Designer-PCs. Bei der Casemod Meisterschaft auf der Gamescom will er nun seinen Titel verteidigen.

Der Staatsfeind Nummer eins ist 1,30 Meter breit, knapp einen Meter hoch und etwa 90 Zentimeter tief. Er ist bewaffnet, kann sich bewegen, aber er passt nicht durch eine gewöhnliche Tür. Sein Name ist „Renegade, the public enemy“ - tatsächlich ist er ein umgebauter Computer in Tarnfarben. Ali Abbas aus dem mittelfränkischen Schwabach hat „Renegade“ erfunden, gebaut und gestaltet. Von Mittwoch (15.8.) an will der 44-Jährige auf der Computerspielemesse Gamescom in Köln seinen Meistertitel im Casemodding, sprich Computergehäuse-Umbau, verteidigen.

Mehr als 1200 Arbeitsstunden hat Abbas seit Anfang des Jahres in „Renegade“ gesteckt. Knapp 500 Einzelteile hat er verarbeitet und rund 400 Euro in Materialien investiert. „Ich muss eine Liste machen, damit ich nicht vergesse, was ich alles vorführen muss“, sagt er mit Blick auf die Präsentation auf der Gamescom. Da ist zum Beispiel der Monitor, den man erst sieht, wenn man ihn ausklappt; eine Funk-Maus, die man auch als Mikrofon benutzen kann oder eine elektrische Schiebetür, die einen Blick in das Innere des Computers ermöglicht.

„Renegade“, auf deutsch „der Abtrünnige“, ist aufwändig dekoriert. Ein grimmiger Totenkopf blickt aus einem Loch im Gehäuse heraus und hat eine Zigarre im Mund, die zu qualmen anfängt, wenn man auf den richtigen Knopf drückt. Und damit nicht genug: Oben auf dem riesigen Computer mit Holzfassade ist eine bewegliche Kanone angebracht. Schießen kann diese jedoch nicht. In den drei Rohren sind Web-Cam, Laser-Pointer und Lampe installiert.

Die Deutsche Casemod Meisterschaft (DCMM) gibt es seit zehn Jahren. Entstanden ist sie aus der LAN-Party-Szene. Bei diesen Events treffen sich Menschen zum Computerspielen - mal privat im Keller, mal zu öffentlichen Meisterschaften in großen Hallen. „Man wollte nicht immer mit den gleichen grauen Cases kommen und wie jeder sein“, erzählt DCMM-Projektleiter Jan Kratel. Deshalb brachten die ersten Zocker Plexiglas-Scheiben oder zusätzliche Lampen an ihren PCs an. Als ihnen das nicht mehr reichte, ließen sie sich ausgefallenere Veränderungen einfallen. Heute bauen sie sogar teilweise Bierkästen oder Pflanzenkübel zu Computern um, wie Kratel berichtet.

An dem Wettbewerb in Köln nehmen in diesem Jahr 40 sogenannte Case-Modder aus Deutschland, aber auch aus dem Ausland teil. Es seien schon Leute aus Ungarn, China, den Niederlanden oder England dabeigewesen, sagt Kratel. Eine Jury bewertet die Modelle nach Kriterien wie Kreativität, Handwerk und Optik. Die Teilnehmer können in mehreren Kategorien zwar keine Preisgelder, dafür aber Pokale und Urkunden abräumen. „Es geht viel um Ruhm und Ehre“, sagt Kratel. Außerdem könnten die Modder mögliche Sponsoren auf sich aufmerksam machen.

Abbas konnte über solche Sponsoren zumindest die Hardware für seine aktuellen Modelle finanzieren. Sein Traum wäre es, Einzelstücke für Spielehersteller zu entwerfen. Der Auftritt auf der Gamescom und ein Titel bei der DCMM könnten ihm dazu die nötigen Kontakte liefern. 2011 landete der selbstständige Netzwerktechniker zumindest in der Kategorie Live-Modding auf Platz eins: Hier haben die Teilnehmer auf dem Messegelände dreimal acht Stunden Zeit, ein klassisches Gehäuse nach ihren Vorstellungen umzubauen. Diesmal will Abbas einen Western-PC kreieren: mit angebranntem Holz, Saloon und Veranda. Um den Computer anzuschalten, muss man an einem kleinen Galgen ziehen.

Die Ideen sammelt Abbas bei sich zu Hause in Schwabach. Zwischen Werkzeug, Computerteilen und Sägespänen liegen lauter Skizzen und ausrangierte Teile. Manchmal verbringt er Tag und Nacht in seiner Werkstatt im Keller oder beim Lackieren vor der Garage in Schwabach. Der gebürtige Engländer aus der Nähe von Newcastle kam nur durch einen Zufall nach Deutschland. Eigentlich wollte er Ende der 1980er nach Australien auswandern, das Ticket war schon gebucht. Doch vorher habe er ein paar Freunde in Nürnberg besucht. Dann lernte er seine Frau kennen. „1991 habe ich sie zur Ehefrau umgemoddet.“

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