Facebook speichert auch, was Sie nicht abschicken

Haben Sie schon einmal einen Facebook-Beitrag geschrieben, und dann doch lieber nicht abgeschickt? Facebook weiß trotzdem, was Sie der Welt lieber nicht mitteilen wollten. Das Unternehmen speichert nämlich alle Tastatureingaben — und erforscht warum.

„Mein Chef ist so unfähig und sollte gefeuert werden!“ Haben Sie so etwas schon einmal in Ihr Facebook-Statusfenster geschrieben und es dann doch nicht gesendet? Oder doch im letzten Moment davon abgesehen, einen bösen Internet-Troll zu schreiben, was er doch für ein „mieses Ars*****h“ ist? Für die Sauberkeit Ihrer öffentlichen Kommunikation war das eine weise Entscheidung. Muss ja nicht jeder wissen, was man manchmal in Rage von sich gibt. Doch es gibt jemanden, der auch das mitbekommt — Facebook.

Wie aus einer jüngst veröffentlichten Studie zweier Facebook-Analysten hervorgeht, greift das Unternehmen aus sämtlichen Eingabefenstern der Webseite Tastatureingaben ab und analysiert sie. Schon während Sie tippen, werden die Eingaben übertragen. Der Grund: Facebook will herausfinden, warum mancher Beitrag dann am Ende doch lieber gelöscht wird.

„Selbstzensur“ heißen die zurückgezogenen Beiträge im Facebook-Jargon. Als Datenbasis nutzten die Autoren die Daten von 3,9 Millionen englischsprachigen Facebooknutzern. Ihr Ergebnis: Rund 71 Prozent der Nutzer haben mindestens einmal Beiträge zurückgezogen. Im untersuchten Zeitraum von 17 Tagen hat jeder zweite Nutzer regelmäßig Statusmeldungen letztendlich doch nicht freigegeben. Besonders häufig wurde nach Erkenntnissen der Autoren Selbstzensur angewandt, wenn die mögliche Leserschaft schwer zu bestimmen ist. Auch bei den Geschlechtern gibt es Unterschiede: Männer zensieren häufiger als Frauen.

Noch sind die Inhalte der nicht abgesendeten Mitteilungen nicht Gegenstand der Untersuchungen, so die Studie. Bislang werden nur die Metadaten der Eingaben analysiert — also wer sich wann und wie oft entschließt, Daten nicht zu senden.

Was da im Hintergrund mit Informationen geschieht, bei denen der Nutzer bewusst entscheidet, dass er sie eigentlich doch nicht veröffentlichen möchte, dürfte den wenigsten Facebooknutzern bekannt sein. In Facebooks Datenschutzbestimmungen lässt sich dazu auch keine konkrete Passage finden. Das Unternehmen lässt sich aber durch den Zustimm-Klick des Nutzers bestätigen, dass alle Daten, die entstehen, wenn der Nutzer „in anderer Weise interagiert“, auch von Facebook verarbeitet werden dürfen. Eine große Mehrheit der Facbook-Nutzer dürfte von dieser Form der Interaktion nichtmals etwas ahnen.

Doch warum tut Facebook das? Warum interessiert sich der Konzern für Dinge, die wir eigentlich lieber für uns behalten wollen? Die Autoren der Studie geben schlichtes Eigeninteresse als Grund an. Nicht geteilte Nachrichten sind schlecht für Facebook, dessen Geschäftsmodell auf Interaktion und Datensammlung beruht. Weiterhin sollen die Daten für die Optimierung des Angebots genutzt werden. Als Beispiel nennen die Autoren, dass bessere Möglichkeiten zur Eingrenzung von Empfängergruppen entwickelt werden müssen, da Nutzer häufig aus Sorge, Unbeteiligte durch unerwünschte Nachrichten zu belästigen, ihre Posts zurückziehen würden. Mit zielgerichteteren Informationen könnte Facebook entsprechend zielgerichteter Werbung einblenden.

Dass nur die Metadaten und nicht auch die Inhalte der abgegriffenen Daten untersucht werden, ist für die Zukunft nicht garantiert. Im Fazit der Studie weisen die Autoren daraufhin, dass der nächste Schritt sein wird, zu untersuchen, was nicht mit anderen geteilt wird — und warum. Übrig bleibt immer noch der Fakt, dass es sich um Informationen handelt, bei denen sich der Nutzer bewusst entschieden hat, sie nicht zu teilen.

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