Sony DEV-50V im Test: Digitales Fernglas und 3D-Videokamera

Digital in die Ferne blicken wie im Science-Fiction-Film? Sonys elektronisches Fernglas DEV-50V verspricht das in Verbindung mit 3D-Videoaufzeichnung und Fotografiemodus. Aber ist dieses Gerät auch für den Alltagsgebrauch geeignet?

Guck mal wer da glotzt! Mit Sonys Fernglas DEV-50V kann man Dinge nicht nur aus der Ferne betrachten sondern auch filmen.

Guck mal wer da glotzt! Mit Sonys Fernglas DEV-50V kann man Dinge nicht nur aus der Ferne betrachten sondern auch filmen.

Foto: tsn

Die persönlichen Erwartungen an das elektronische Fernglas DEV-50V von Sony sind riesig. Endlich einmal digital in die Ferne blicken, so wie die Helden aus den Science-Fiction Filmen der Jugend. Unvergessen die Szene aus Star Wars, in der Luke Skywalker mit einer Art elektronischem Fernglas die sandigen Hügel seines Heimatplaneten erkundet. Nun ist es so weit: Die Zukunft ist im WZ-Testlabor angekommen. Aber ist sie auch so toll wie erwartet?

Von der Webseite The Luminous Landscape jüngst zum "Gadget of the year" erklärt, wartet das Sony DEV-50V mit ziemlich beeindruckenden Leistungsdaten auf. Spritzwassergeschützt, staubdicht, 2D und 3D-Aufnahmefähigkeit, Restlichtverstärker, Anschlussmöglichkeiten für Stative und Zubehör, GPS — alles ist an Bord. Schaut man sich das knapp 900 Gramm schwere Gerät etwas genauer an, verstecken sich im Inneren zwei Camcorder mit 12-fachem optischem Zoom für Stereobild, im Kameramodus mit 20 Megapixeln kommt dann nur noch eine der Kameras zum Einsatz. Der Nutzer blickt in zwei Okulare, in denen sich Miniaturbildschirme verstecken. Statt einem großen runden Bild wie beim klassischen Linsenfernglas, sieht man die Welt bereits rechteckig zugeschnitten, wie auch später auf den Aufnahmen.

Das Sony DEV-50V ist recht solide aus Kunststoff konstruiert. Dort wo man es anfasst, ist das Material aufgerauht, sodass einem das teure Gerät nicht gleich aus der Hand fällt. Mit einem Gewicht von 886 Gramm liegt es auch für längere Zeit gut in der Hand. Mit ein wenig Übung lassen sich alle Bedienelemente gut mit Daumen und Zeigefinger erreichen (Bild unten). Auch ohne ständig das Fernglas von den Augen zu nehmen. Wegen des eingebauten Spritzwasserschutzes nach IP57 lässt sich das Fernglas nach Herstellerangaben auch bei stromendem Regen nutzen. Tauchbäder sollte man allerdings vermeiden.

Sämtliche Anschlüsse für Strom, Kopfhörer, Mikrofone und Datenkabel sind hinter soliden Abdeckungen mit Gummidichtungen verborgen. Das ist praktisch und unpraktisch zugleich. Praktisch, weil sie so vor Schmutz und Wasser geschützt sind, unpraktisch, weil das Fernglas mit offenen Klappen nicht mehr gut in der Hand liegt und den Wetterschutz verliert.

Sonys digitales Fernglas DEV-50V im Test
18 Bilder

Sonys digitales Fernglas DEV-50V im Test

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Per Drehrad lässt sich der Augenabstand schnell individuell anpassen, sodass für jede Kopfgröße optimaler Durchblick möglich ist. Dazu lassen sich die Okulare von -3,5 bis +3,5 Dioptrin einstellen. Brillenträger haben so in den meisten Fällen auch ohne Sehkorrektur klare Sicht.

Was das Sony DEV-50V an guten Leistungsdaten und guter Verarbeitung an Pluspunkten mitbringt, verliert es leider bei der Nutzerfreundlichkeit. Das fängt schon damit an, dass das Gerät grundsätzlich im Videomodus startet. Will man ein Standbild machen, geht das nicht einfach per Knopfdruck auf den eigens dafür vorgesehenen Schalter. Nein, man muss das Gerät erst per Mode-Knopf in den Kameramodus schalten. Das dauert einige Sekunden, in denen man genug Zeit hat, den Konstrukteur für diesen Umweg zu verfluchen.

Auch sonst ist das Menu zwar halbwegs intuitiv bedienbar, aber Komfort ist anders. Per Auswahlhebel an der Oberseite kann man sich durch die Menüs schalten, doch wann man nach unten, oben, rechts oder links klicken soll, ist mehr oder weniger willkürlich. Je tiefer man ins Menü einsteigt, umso mehr artet die Bedienung — sie ist nur möglich während man in das Fernglas blickt — in laaaaaange Klickerei mit vielen unnötigen Schritten zurück aus. Schade eigentlich.

Doch kommen wir zur eigentlich wichtigsten Sache: Wie schaut man denn nun durch das Sony DEV-50V? Nachdem das Gerät einmal eingerichtet ist, braucht man es nur an die Augen zu halten. Ein Sensor im linken Okular erkennt, wenn jemand hineinblickt und aktiviert die beiden Minimonitore mit einer Auflösung von 1024 zu 768 Pixeln. Sie liefern je nach ausgewähltem Modus ein schönes räumliches 3D-Bild oder eben zweidimensionale Darstellung. Auffällig ist, dass die Bildschirmchen merklich flimmern.

Die Aufnahmen selber gelingen abgesehen von den extrem umstänlichen Modiwechseln ziemlich einfach. Einfach draufhalten und den Auslöser drücken. Wer innerhalb von Aufnahmen zoomt, dem empfiehlt Sony, den Finger ständig auf der Zoom-Wippe zu lassen. Andernfalls drohen Klopfgeräusche auf der Tonspur. Die Qualität der Videoaufnahmen ist im Bereich des optischen Zooms durchgehend hoch. Der Bildstabilisator leistet gute Arbeit, der Autofokus ist in der Regel sehr schnell beim Scharfstellen. 2D-Videos zeichnet die Kamera mit bis zu 1080p auf, im 3D-Modus ist 1080i die obere Grenze.

Ärgerlich ist im Videomodus erneut die umständliche Bedienung beim Wechsel zwischen den Aufnahmemodi. Wer die Bildwiederholfrequenz ändern will, muss das Fernglas neustarten und kann dann die zuvor im anderen Modus aufgenommenen Bilder nicht mehr abspielen. Wer von 2D auf 3D wechselt, muss das erst umständlich im Menü tun. Wenn es mal schnell gehen soll: Es geht nicht.

Die Möglichkeit, mit dem Fernglas auch Fotos zu schießen, ist ziemlich praktisch. Wir haben das unter anderem am Düsseldorfer Flughafen getestet (Bild unten, zu sehen ist ein Dreamliner der All Nippon Airways, Entfernung ca. 100 Meter), was zu einigen interessanten Gesprächen geführt hat. Die Ergebnisse sind in Ordnung, allerdings bewegt sich das DEV-50V höchstens auf dem Niveau besserer Kompaktkameras. Das liegt an den relativ kleinen Sensoren der eingebauten Camcorder von rund 5,4 Megapixeln, die aufskaliert wird. Dazu fehlen umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten, die über Blendeneinstellungen hinausgehen. Programmmodi oder ähnliches konnten wir nicht finden. Die auf der Aussichtsplattform anwesenden Planespotter kamen schnell zur Überzeugung, dass sie mit ihren klassischen Spiegelreflexkameras besser bedient sind.

Wer gerne Videos schießt und entfernte Dinge beobachtet, ja, der könnte mit dem Sony DEV-50V glücklich werden. Es ist ein solides Gerät, das auch bei schlechtem Wetter seinen Dienst gut versieht und einige interessante Möglichkeiten bietet. Leider haben wir uns immer dermaßen über das komplizierte Menü geärgert, dass der Spaß an der Zukunft etwas gelitten hat. Eine anständige Kamera kann das Gerät nicht ersetzen.

Auch im Vergleich zu einem optischen Fernglas entsprechender Leistung ist der Komfort etwas geringer. Die kleinen Bildschirme in den Okularen flimmern so merklich, dass lange Nutzung die Augen anstrengt.

Trotzdem ist das Gerät kein Reinfall. Sony zeigt hier, was alles möglich ist und wird sicherlich einige dankbare Nutzer für diesen robusten Doppel-Camcorder finden. Wenn der Bedienkomfort noch gesteigert wird und der Fotomodus verbessert wird (z.B. durch mehr manuelle Einstellungsmöglichkeiten), könnte das Sony DEV-50V eine Chance haben. Bislang ist es mit seinem Preis von knapp 2000 Euro eigentlich nur für Nutzer mit viel locker sitzendem Geld und 3D-Filmerambitionen interessant.

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