Spionage im Netz: Warum Sie Ihre Webcam besser abkleben sollten

Misstrauen Sie dem elektronischen Auge ihres Computers? Das sollten sie! Denn Webcams und die eingebauten Mikrofone von Computern können mit den richtigen Werkzeugen von außen angezapft werden. Doch man kann sich schützen — auf erstaunlich einfache Weise.

Simple Lösung eines komplexen Problems: Ein Stück Karton und Klebestreifen sind ein wirksames Mittel gegen unbefugtes Anschalten der Webcam.

Simple Lösung eines komplexen Problems: Ein Stück Karton und Klebestreifen sind ein wirksames Mittel gegen unbefugtes Anschalten der Webcam.

Foto: tsn

Haben Sie sich auch schon einmal von Ihrer Webcam beobachtet gefühlt, auch wenn das kleine grüne Licht nicht leuchtet? Wenn Sie diese Frage mit „ja“ beantworten können, sollten Sie weiterlesen. Wenn nicht, sollten Sie um so mehr weiterlesen. Denn die immer häufiger fest in Notebooks, Smartphones und Tablets eingebauten Webcams sind nicht nur praktisches Hilfsmittel für Fotografie und Videochats — sie sind auch ein mögliches Spionagewerkzeug für allerlei dunkle Gesellen.

Viele Computernutzer hatten es schon seit langem geahnt, meistens wurde darüber gewitzelt. Doch spätestens seitdem der Whistleblower Edward Snowden interne Dokumente des US-Nachrichtendienstes NSA veröffentlicht hat, ist klar, dass Geheimdienste seit Jahren über Webcams und interne Mikrofone von Computern Nutzer ausspionieren können. Mittels Programmen mit den klangvollen Namen „Captivateaudience“ oder „Gumfish“ werden Mikrofone per Fernzugriff in den Aufnahmemodus versetzt oder Schnappschüsse mit der Kamera gemacht.

Zugegeben, die Chance, dass gerade ein unverdächtiger Privatcomputer durch weltweit agierende Geheimdienste abgehört wird, erscheint zunächst gering. Doch erst jüngst kam heraus, dass etwa der britische GCHQ bei mehreren Millionen Videochats über den Yahoo-Messenger von 2008 bis mindestens 2010 Standbilder der Nutzer gespeichert hat.

Doch es sind nicht nur Geheimdienste, die erwiesenermaßen Ihren Computer gegen Sie verwenden können. Auch Kriminelle, Sextäter, Strafvervolgungsbehörden oder — in den USA — Schulbehörden nutzen die in Computer eingebauten Aufnahmegeräte ohne das Wissen der Eigentümer. Besonders schwierig ist der Angriff auf die Webcams privater Computer nicht. Im Netz kursieren unzählige Anleitungen, nach denen selbst fortgeschrittene Nutzer erfolgreich vorgehen können. Die bei vielen Computern eingebaute Kontrollleuchte, die zeigt, dass die Webcam aktiv ist, kann in vielen Fällen recht einfach umgangen werden.

Aber wie kann man sich vor Angriffen auf den eigenen Computer schützen? Die Antwort ist erstaunlich einfach: Kleben Sie Ihre Webcam ab.

Was zunächst wie eine Binsenweisheit klingt, ist tatsächlich der einzige Weg, zuverlässig zu verhindern, dass Sie über Ihre Webcam ausspioniert werden können. Da die Kameras in der Regel keinen physischen Unterbrechungsschalter haben, ist es unmöglich zu wissen, wann sie tatsächlich aktiv sind — und wann nicht. Für das Abkleben reicht schon ein zurechtgeschnittener Post-it-Notizzettel oder ein Stück Isolierband. Auch die Polizei in den Niederlanden und Belgien rät, zum Klebeband zu greifen.

Diese improvisierten Lösungen neigen aber dazu, Kleberrückstände auf der Kameralinse zu hinterlassen. Im Netz finden sich etliche relativ günstige Wege, die Kamera rückstandsfrei abzudecken. Vom simplen Aufkleber, bis hin zur ausgefeilten Lösung mit kleiner Schiebetür vor der Linse — für Nutzer, die häufig Videochats nutzen. Die Auswahl ist nahezu unbegrenzt — eine Suchmaschinenanfrage nach „Webcam cover“ oder „Webcamabdeckung“ bringt viele weitere Suchergebnisse zusätzlich zu unseren Beispielen.

Anders verhält es sich mit den eingebauten Mikrofonen in den meisten Laptops und Tablets. Hier hat man als Nutzer kaum eine Chance, sich wirksam vor dem Ausspionieren durch Webseiten, Apps oder Kriminelle zu schützen. Denn wiederum sind in den meisten Fällen keine physischen Schalter im Gerät verbaut, mit den man das Mikrofon wirklich vom Strom trennen könnte. Bei Geräten mit externem Mikrofoneingang ist eine Möglichkeit, den Eingang mit einem Dummy-Stecker zu blockieren. Dazu kann z.B. ein nicht mehr benötigter Kopfhörer- oder Mikrofonstecker abgeschnitten und immer dann eingesteckt werden, wenn die Mikrofone wirklich stumm bleiben sollen. Bei aktuellen Apple-Notebooks ist das aber beispielsweise nicht möglich — sie haben fest verbaute Mikrofone, die sich nur über die Systemeinstellungen aktivieren oder deaktivieren lassen. Einen Mikrofoneingang, den man blockieren könnte, gibt es nicht (Bild unten).

Ansonsten gilt: Am sichersten ist, wer seinen Rechner mit aktuellen Sicherheitsupdates versorgt, wirkungsvolle Anti-Viren- und Anti-Spionagesoftware installiert hat und seinen Computer durch eine Firewall schützt. Auch E-Mail-Anhänge sollten nicht ohne Vorsicht geöffnet werden. Zwar kann man auch dann nicht 100 Prozent sicher sein, das Risiko lässt sich aber zumindest minimieren.

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