Vom Game Boy zum Tablet: Mobile Videospiele im Wandel

Berlin (dpa/tmn) - Die ersten tragbaren Videospiele waren bunte Kästen mit winzigen Displays, die nur sehr zweckmäßige Grafik boten und auf ein Spiel begrenzt waren. Heute hat fast jeder ein Smartphone - und damit theoretisch eine ganze Konsole mit unzähligen Titeln.

Vom Game Boy zum Tablet: Mobile Videospiele im Wandel
Foto: dpa

Am Anfang war der Game Boy. Tragbare Videospiele gab es zwar schon vorher. Der graue Kasten von Nintendo, der 1990 in Deutschland auf den Markt kam, gilt aber als Vorreiter des modernen Handhelds. Nachahmer und Nachfolger gab es seitdem genug. Das Ergebnis: Heute wird mehr denn je unterwegs gespielt.

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Doch das Bild in den Bussen und Zügen hat sich geändert: Spätestens mit dem Siegeszug der Tablets ist das sogenannte Mobile Gaming in alle Gesellschaftsschichten vorgedrungen: Nach einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom nutzen 56 Prozent der Tablet-Nutzer die flachen Computer auch für Spiele. Erwartungsgemäß zocken Jüngere etwas mehr, doch auch in der Altersklasse zwischen 50 und 59 Jahren spielt knapp jeder zweite Befragte (47 Prozent) auf seinem Surfbrett.

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Ein Grund dafür sind vor allem die Gelegenheitsspiele oder Casual Games, die auf Smartphones und Tablets dominieren. Spiele wie „Angry Birds“ ( iOS, Android), „Candy Crush Saga“ ( iOS, Android) oder „Quizduell“ ( iOS, Android) machen Spaß, ohne vom Spieler zu viel zu verlangen. Unter passionierten Konsolenspielern stehen Smartphones und Tablets deshalb allerdings auch in dem Ruf, kein vollwertiges Spielerlebnis zu bieten. Das liegt vor allem daran, dass die Casual Games zum Beispiel für die Wartezeit beim Arzt oder für die Bahnfahrt zur Arbeit entwickelt werden, sagt Maximilian Schenk. „Epische Geschichten zu erzählen fällt dabei vergleichsweise schwer“, erklärt der Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU).

Mutige Hersteller versuchen es aber trotzdem: „Mittlerweile veröffentlichen immer mehr Entwickler komplexere und zeitaufwendigere Spiele für mobile Plattformen, die sich häufig auch preislich von einfachen Gelegenheitsspielen unterscheiden“, sagt Schenk. Dazu gehören sogar Umsetzungen großer Konsolenspiele - etwa eine mobile Version von „Grand Theft Auto: San Andreas“ ( iOS, Android)oder des Strategiespiels „XCOM: Enemy Unknown“ ( iOS, Android). Und auch eigens für mobile Plattformen entwickelte Titel wie das gruselige Knobelspiel „The Room“ ( iOS, Android) oder das Rollenspiel „Oceanhorn“ ( iOS)müssen sich in Sachen Grafik und Anspruch nicht vor der Konkurrenz auf anderen Plattformen verstecken.

Seit dem Siegeszug des Game Boy dominiert Nintendo den Markt der Handhelds. Das aktuellste Modell des japanischen Herstellers ist der 3DS mit seinen zwei Displays. Der untere ist ein Touchscreen, der obere kann stereoskopisches 3D darstellen, eine Brille braucht der Nutzer für die räumlichen Bilder nicht. Zwar kann der 3DS auch im Internet surfen oder Videos abspielen, aber seine Hauptfunktion ist ganz klar das Zocken. Erfolgreich sind auf dem 3DS vor allem Dauerbrenner wie die Hüpfspiele rund um Klempner Mario, das bunte Rennspiel „Mario Kart“ oder das Einsteiger-Rollenspiel „Pokémon“.

Sony versucht seit 2004, mit der Vita und dem Vorgänger PSP das Spielgefühl der Playstation am Fernseher auch unterwegs zu vermitteln. Technisch ist die Vita dem 3DS deutlich überlegen, so schafft das Handheld sogar grafisch anspruchsvolle Blockbuster wie „Uncharted“ oder „Killzone“.

Doch beide Konkurrenten müssen zusehen, wie Smartphones und Tablets ihnen langsam die Kunden abspenstig machen: Wurden in Deutschland 2011 nach Angaben des BIU noch 212 Millionen Euro mit Handhelds und deren Spielen umgesetzt, waren es im vergangenen Jahr nur noch 176 Millionen. Im selben Zeitraum stieg der Umsatz bei Smartphone- und Tablet-Games von 28 auf 39 Millionen.

Das Ende der Handhelds sieht Maximilian Schenk aber nicht: „Smartphones und Tablets verdrängen mobile Spielkonsolen nicht“, so der BIU-Geschäftsführer. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass Handheld-Konsolen auf Videospiele spezialisiert sind.“ Zum Beispiel lässt sich nicht jedes Spiel per Touchscreen so gut steuern wie mit einem Steuerkreuz und physischen Tasten.

Maic Masuch sieht für die Zukunft von Vita und Co. dagegen schwarz: „Der Trend zu Smartphones und Tablets wird den klassischen Konsolen irgendwann den Saft abdrehen“, sagt der Professor, der die Arbeitsgruppe Entertainment Computing an der Universität Duisburg-Essen leitet. Das liege auch am Preis: Im Laden kosten neue Vita- und 3DS-Spiele meistens um die 40 Euro, Downloadspiele gibt es für 5 bis 15 Euro. Auf Smartphone und Tablet sind die meisten Titel für wenige Euro zu haben, für sogenannte Free-to-Play-Spiele zahlt man zunächst sogar gar nichts.

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