Teure Post vom Anwalt - Abmahnfallen im Internet

Regensburg (dpa/tmn) - Aus virtuellen Taten im Netz kann schnell ein echtes Problem werden. Teure Abmahnungen vom Anwalt drohen Raubkopierern, aber zum Beispiel auch eBay-Verkäufern. Experten raten bei solch unangenehmer Post: Nicht ignorieren, Ruhe bewahren, Hilfe suchen.

Wer sich im Internet bewegt, kann leicht in eine Falle tappen - zum Beispiel, weil er Musik aus einer Tauschbörse herunterlädt oder ein fremdes Bild in seinem Blog veröffentlicht. Dann flattert schnell eine Abmahnung ins Haus. Und die kann je nach Vergehen richtig teuer werden.

„Der häufigste Abmahnungsgrund ist die Urheberrechtsverletzung“, sagt die auf Internetrecht spezialisierte Rechtsanwältin Sabine Sobola aus Regensburg. Möglich ist dies durch den 2008 in Kraft getretenen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch. Mit spezieller Software suchen Kanzleien nach Musikstücken, Filmen und anderen Dateien, die per Filesharing getauscht werden. Die IP-Adressen werden protokolliert. Denn damit können die Nutzer über den Provider identifiziert werden.

Mit einer riesigen Datenbank wird dann vor Gericht angekündigt, einen Antrag auf Einsicht in die Nutzerdaten der Provider zu stellen. Die Provider machen einen so genannten Quick Freeze und frieren den aktuellen Stand ihrer Daten ein. Nun können die Rechtsanwälte in aller Ruhe ihren Antrag stellen, erklärt Holger Bleich von der Computerzeitschrift „c't“: „Deswegen kann es sein, dass man erst drei oder sechs Monate später die Abmahnung erhält.“

Das neue Recht hat zu einer Flut von Abmahnungen geführt. Nach Erkenntnissen des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (Eco) aus Berlin haben Rechteinhaber im Jahr 2010 pro Monat im Schnitt 300 000 Anfragen bei den Providern gestellt. Aktuellere Zahlen gibt es bislang nicht. Eco-Vorstand Oliver Süme geht aber davon aus, dass sich die Zahlen noch immer im sechsstelligen Bereich bewegen, auch wenn sie leicht zurückgegangen sind.

Aber nicht nur beim Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken droht Ärger. Wer etwa mit Verleumdung oder übler Nachrede bei Facebook oder anderswo die Persönlichkeitsrechte eines anderen verletzt, muss mit teurer Anwaltspost rechnen. Das Foto einer Person ohne deren Erlaubnis zu veröffentlichen, ist ebenfalls ein Rechtsbruch. „Personen, die man ins Netz stellt, sollte man vorher fragen“, empfiehlt c't-Redakteur Bleich daher.

Gefährlich werden kann es außerdem, wenn Internetnutzer ein Logo eines Markenkonzerns auf ihrer Webseite verwenden. „Das sind Abmahnungen, die wahnsinnig teuer sein können“, warnt Anwältin Sobola. Die Kosten bewegen sich nach ihren Erfahrungen teilweise im fünfstelligen Bereich. Abmahnfähig sei eine Markenrechtsverletzung zwar eigentlich nur bei der Verwendung im „geschäftlichen Verkehr“. Oft reiche aber schon ein Werbebanner, damit eine private Homepage als gewerblich eingestuft wird.

Aufpassen müssen auch Menschen, die etwas in Online-Auktionshäusern verkaufen. So sollte man seine Artikel auf jeden Fall selbst fotografieren und nicht fremde Bilder etwa vom Hersteller „klauen“, rät Rechtsanwältin Sobola: „Finger weg von fremden Fotos!“

Richtig kompliziert wird es für Dauernutzer von eBay und ähnlichen Portalen. „Wenn man verhältnismäßig viel verkauft, wird man zum gewerblichen Verkäufer“, erklärt Sobola. Was 'viel' heißt, ist aber von Fall zu Fall unterschiedlich und hängt zum Beispiel von der Art der verkauften Ware ab. Gewerbliche Verkäufer müssen bestimmte Pflichtangaben wie eine Widerrufsbelehrung in ihr Angebot aufnehmen. Sind diese nicht vorhanden oder fehlerhaft formuliert, können zum Beispiel Konkurrenten den Verkäufer abmahnen.

Wenn die Abmahnung ins Haus flattert, ist die Aufregung meist groß, weiß Juristin Sobola aus Erfahrung - nicht nur, weil es meist um viel Geld geht. Die Texte seien häufig auch in einem „sehr scharfen Ton“ verfasst: „Allein eine solche Abmahnung zu bekommen, ist für viele ein Schock.“ Man sollte aber trotzdem mit kühlem Kopf auf das Schreiben reagieren. Völlig falsch sei es, einen solchen Brief zu ignorieren, warnt c't-Redakteur Bleich: „Einfach in die Mülltonne - das geht nicht.“

Meist seien die Unterlassungserklärungen viel zu umfassend formuliert, erklärt Bleich: „Man verspricht dann gleich, nie wieder irgendwas aus dem Repertoire des Rechteinhabers zu veröffentlichen.“ Er empfiehlt daher, die Unterlassungserklärung zu modifizieren. Im Internet finden sich zwar Vorlagen, wie eine solche geänderte Unterlassungserklärung aussehen kann. Bleich rät aber dazu, sich professionell beraten zu lassen: „Ich würde mich eher an einen Rechtsanwalt wenden. Da gibt es sehr viele Fallstricke.“ Der kann dann nicht nur Änderungen formulieren, sondern auch versuchen, in Verhandlungen mit der Gegenseite die Geldforderung zu drücken.

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