Twitter will in Deutschland mehr Unternehmer und Politiker als Nutzer

Hamburg (dpa) - Der Kurznachrichtendienst Twitter will in Deutschland mehr prominente Unternehmer und Politiker als Nutzer gewinnen.

Twitter will in Deutschland mehr Unternehmer und Politiker als Nutzer
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„Auf dem Markt in Deutschland bietet sich uns die Gelegenheit, den Leuten klarzumachen, wie groß unser Publikum ist“, sagte der scheidende Twitter-Chef Dick Costolo der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. „Uns ist dabei wichtig, Managern zu erläutern, wie wichtig es ist, auf Twitter zu sein.“

Früher hätten Chefs großer Firmen erklärt, dass sie nicht auf Twitter kommunizieren könnten, weil sie ein börsennotiertes Unternehmen führten und die Rechtsabteilung was dagegen habe, erinnerte sich Costolo. Heute sei das anders: „Apple-Chef Tim Cook ist auf Twitter, und der ist immerhin Boss des wertvollsten Unternehmens der USA. Er hört auf Twitter nicht nur zu, sondern veröffentlicht dort auch Inhalte.“ Auch Microsoft-Konzernlenker Satya Nadella oder der Chef der Telekom-Tochter T-Mobile US, John Legere, seien aktive Nutzer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bisher im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Politikern kein Twitter-Konto, sondern nur ihr Sprecher Steffen Seibert. „Ich würde es natürlich gerne sehen, wenn alle Manager, alle Präsidenten, Kanzler und Ministerpräsidenten auf Twitter wären“, sagte Costolo. „Diejenigen, die Twitter bereits nutzen, wissen, dass es ein machtvolles Instrument ist.“

Costolo setzt große Erwartungen in das Projekt „Lightning“, das im Herbst an den Start gehen soll. Twitter will dabei seine Stärken als Plattform für Breaking News ausspielen: Mitarbeiter des Kurznachrichtendienstes sollen Medieninhalte zu aktuellen Ereignissen finden und bündeln. „Die Stärke von "Lightning" wird sein, dass Websites die Zusammenstellungen einbinden und damit einem viel größeren Publikum zugänglich machen können“, sagte Costolo. Außerdem will Twitter auch seine Software-Werkzeuge, mit denen wir die Medieninhalte ausgewählt werden, anderen zur Verfügung stellen. „Wenn etwa jemand die besten Tweets über die jüngsten Proteste gegen Uber in Paris finden will - das geht.“ Dabei sorgten Algorithmen dafür, dass Nachrichten richtig zugeordnet werden, „auch wenn kein Hashtag #Uber davorsteht“.

Costolo, der seit Herbst 2010 an der Twitter-Spitze stand, hatte Anfang des Monats seinen Rückzug zum 1. Juli angekündigt. Mitgründer Jack Dorsey wird die Führung kommissarisch übernehmen, während ein neuer Chef gesucht wird. Börsianer hatten Costolo seit Jahren unter anderem für ein ihrer Ansicht nach zu langsames Wachstum kritisiert. Nach den jüngsten Quartalszahlen brach die Aktie im April um mehr als ein Fünftel ein - und erholte sich seitdem kaum.

Costolo weist die Kritik auch in seinen letzten Tagen an der Twitter-Spitze zurück: „Ich glaube nicht, dass es irgendein Problem gibt. Unser Umsatz wächst schneller als bei jeder anderen börsennotierten Firma im digitalen Mediengeschäft.“ Das Unternehmen habe sogar wiederholt auf schnelles Geld verzichtet, um das Erlebnis für die Nutzer nicht zu beeinträchtigen. Zudem gebe es für Medien nur wenige Alternativen zu Twitter: „Nur drei Online-Dienste können Inhalte zu mehr als einer Milliarde Menschen bringen: YouTube, Twitter und Facebook.“

Costolo betonte, dass er seine Rückzugspläne, die für die Öffentlichkeit eher überraschend kamen, intern bereits seit Ende vergangenen Jahres angekündigt habe. „Ich habe ein wunderbares Team zusammenstellen können. Nun ist es ein guter Zeitpunkt, jemand anderen zu suchen, der mit diesem Team das Unternehmen führt. Ich hätte sonst einen Punkt erreicht, wo ich die nächsten sechs Jahre nicht aus der Verantwortung rauskäme“, sagte er.

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