US-Geheimdienstchef: Snowden kannte Sicherheitslücken

Washington/Brüssel (dpa) - Der mächtige US-Geheimdienst NSA hat seine Sicherheitslücken noch nicht schließen können und auch keinen Überblick, wie viele Dokumente sein einstiger Mitarbeiter Edward Snowden kopierte.

US-Geheimdienstchef: Snowden kannte Sicherheitslücken
Foto: dpa

Das räumte Geheimdienstdirektor James Clapper bei einer Anhörung im US-Kongress ein. Snowden habe kaum Spuren hinterlassen, gab Clapper zu. Snowden selbst verteidigte sein Handeln. Doch seine Lage bleibt vertrackt, die USA haben ihn wegen Geheimnisverrats angeklagt. Aus dem EU-Parlament kommt zunächst keine weitere Unterstützung und keine Forderung auf Asyl in der EU.

Der US-Geheimdienst will stärker kontrollieren, welche Mitarbeiter welche Dokumente ansehen. „Wir werden den Einsatz von Überwachungssoftware vorantreiben, um Gefahren durch Insider besser erkennen zu können“, sagte Clapper am Dienstag (Ortszeit). Das System sei allerdings noch nicht vollständig einsatzbereit. „Es gibt keine Mausefalle, um sicherzustellen, dass es nie wieder einen weiteren Edward Snowden geben wird.“

Die NSA tappt immer noch im Dunkeln, welche Unterlagen Snowden kopiert und mitgenommen hat. Snowden habe gewusst, wie er sich unauffällig durch die Computersysteme des Nachrichtendienstes bewegen konnte. „Er wusste genau, was er tut“, sagte Clapper. „Er ist gekonnt unter dem Radar geblieben.“ Die Zahl von 1,7 Millionen Dokumenten, die zuvor die Runde machte, sei eine Schätzung. „Wir wissen nicht wirklich, was er mitgenommen hat und was er seinen Komplizen zur Verfügung gestellt hat.“ Er beschuldigte Snowden, durch seine Enthüllungen milliardenschwere Geheimdienstprogramme in Gefahr gebracht zu haben.

Snowden rechtfertigte sein Vorgehen. „Nicht die Enthüllung von Fehlverhalten ist für den anschließenden Ärger verantwortlich, sondern das Fehlverhalten selbst“, schrieb er an die Wochenzeitung „Die Zeit“. In einer Demokratie müssten Bürger mitentscheiden dürfen. „Die Menschen können Programmen und einer Politik, zu denen sie nie befragt wurden, gar nicht zustimmen.“

Snowden hatte die weltweiten Spionage- und Überwachsungspraktiken des US-Geheimdienstes NSA enthüllt. Der 30-Jährige hat in Russland vorläufiges Asyl erhalten. Dieses Asyl läuft im Sommer aus.

Auf Unterstützung des Europaparlaments kann Snowden beim Schutz vor Strafverfolgung durch die USA nicht hoffen. Der Innenausschuss des Parlaments forderte in einem beschlossenen Bericht zum NSA-Skandal keine Sicherheitsgarantien oder gar Asyl für Snowden in der EU. Entsprechende Änderungsanträge etwa von den Grünen fanden bei der Abstimmung in Brüssel keine Mehrheit. Der Bericht fordert die EU-Staaten nur allgemein auf, solche Informanten (Whistleblower) besser zu schützen. „Die EU hat nicht das Recht, Asyl zu gewähren, dies ist allein Sache der Mitgliedstaaten“, sagte der federführende Europaabgeordnete Claude Moraes von den Sozialisten nach dem Votum.

Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht hatte einen Antrag gestellt, der die EU-Staaten dazu aufrief, Snowden Zeugenschutz zu gewähren. Die Staaten sollten Strafanzeigen gegen ihn, „wenn es sie gibt, fallen lassen und ihm Schutz vor Verfolgung, Auslieferung oder Urteilssprüchen durch Drittparteien anbieten“.

Doch der Antrag hatte nie eine Chance. Die größte Fraktion, die konservative Europäische Volkspartei (EVP), war ebenso wie Teile der Sozialisten als zweitgrößte Fraktion dagegen. Viele Abgeordnete fürchten Spannungen mit den USA. Der Grünen-Parlamentarier Albrecht reagierte enttäuscht: „Damit lassen die Abgeordneten den zentralen Zeugen und Whistleblower (...) im Stich. Das ist feige.“ Im März wird das Plenum des Parlaments über den Bericht abstimmen.

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