Wikileaks-Aktivisten blasen zum weiteren Angriff an

New York/Berlin (dpa) - Nach massiven Angriffen auf die Webseiten der Kreditkartenunternehmen Mastercard und Visa haben Unterstützer der Enthüllungsplattform Wikileaks auch die Homepage der

konservativen US-Politikerin Sarah Palin attackiert. Wer die Adresse im Browser aufrief, bekam nur eine Fehlermeldung zu sehen. Nach Angaben eines Technikers wurde der Angriff von Angehörigen der „Anonymous“-Bewegung ausgeführt. Dort sollen sich mehrere tausend Personen für koordinierte Hackerangriffe zusammengefunden haben.

Am Donnerstagnachmittag riefen die Aktivisten über Twitter zum Angriff auf den Online-Händler Amazon.com auf. Das Unternehmen hatte bereits in der vergangenen Woche seine Web-Dienste für Wikileaks gesperrt. Bei den sogenannten DDOS-Angriffen („Distributed Denial of Service“) wird ein Web-Server mit Unmengen von Daten geflutet und dadurch blockiert.

Die Kreditkarten-Firmen hatten die Geschäftsbeziehungen mit Wikileaks abgebrochen. Die republikanische Politikerin Palin hatte Wikileaks-Gründer Julian Assange nach Medienberichten als „antiamerikanischen Agenten mit Blut an seinen Händen“ bezeichnet und ihn mit dem im Untergrund lebenden Al-Kaida-Führer Osama bin Laden verglichen.

Der Internet-Dienst Twitter sperrte das Profil mit den Mitteilungen von „Anonymous“. Daraufhin richtete die Gruppe ein neues Profil ein, mit einem Link zum Chat-Dienst IRC - über den dezentral organisierten „Internet Relay Chat“ wurde nach Informationen in einschlägigen Blogs auch die Software für die DDOS-Angriffe verbreitet.

Unterdessen beschloss der Online-Zahlungsdienst PayPal nach massiven Protesten der Wikileaks-Anhänger, eingefrorene Spenden an die Enthüllungsplattform auszuzahlen, aber das Konto weiterhin zu sperren. PayPal-Justiziar John Muller erklärte im Firmenblog: „Wir verstehen, dass die Entscheidung von PayPal zum Gegenstand einer größeren Geschichte geworden ist, bei der es rund um die Aktivitäten von Wikileaks auch um politische und juristische Debatten und um die Meinungsfreiheit geht.“ Das Spendenkonto sei allein wegen der Verletzung der Geschäftsbedingungen gesperrt worden. Grundlage sei ein Brief des US-Außenministeriums an Wikileaks, wonach das Internet- Projekt im Besitz von Dokumenten sein könnte, die unter Verletzung von US-Gesetzen beschafft worden seien.

Die zu den wichtigsten Spendensammlern von Wikileaks zählende Wau- Holland-Stiftung will nach eigenen Angaben rechtlich gegen die unangekündigte Sperrung ihres Kontos bei PayPal vorgehen. Die Stiftung bezifferte die Höhe der zeitweise eingefrorenen Spenden auf rund 10 000 Euro.

Der in Schweden ansässige Online-Zahlungsdienst Flattr teilte am Donnerstag mit, dass er weiter Spenden an Wikileaks überweisen werde. Solange es kein Gericht gebe, das die Aktivitäten von Wikileaks für illegal erkläre, werde man die Spenden der Flattr-Nutzer weiterreichen, sagte Vorstandschef Linus Olsson der Zeitung „Sydsvenskan“. Mit Flattr können Internet-Nutzer auch kleine Beträge an Web-Projekte spenden.

Der Wikileaks-Aussteiger Daniel Domscheit-Berg kritisierte erneut seinen früheren Weggefährten Assange. Die Art, wie die Enthüllungsplattform derzeit häppchenweise die vertraulichen Dokument des US-Außenministeriums veröffentliche, sei „Verrat an dem ursprünglichen Wikileaks-Prinzip“, sagte Domscheit-Berg der Wochenzeitung „Der Freitag“.

Assange wurde am Dienstag in London festgenommen; die schwedische Justiz ermittelt gegen ihn wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Der Wikileaks-Gründer hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und von einer gezielten Kampagne gesprochen.

Das Wikileaks-Projekt setzte die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen weiter fort. Bisher wurden rund 1200 der insgesamt mehr als 250 000 Dokumente im Internet veröffentlicht.

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