1400 Kinder sexuell missbraucht

Im englischen Rotherham werden schwere Vorwürfe erhoben.

1400 Kinder sexuell missbraucht
Foto: dpa

Rotherham. Rotherham ist eine Stadt, die stellvertretend für den Niedergang der nordenglischen Industriekultur stehen könnte. Rote Bergarbeiter-Häuschen und Schlote auf Fabrikbrachen zeugen davon, dass wirtschaftliche Blüte hier eher Geschichte ist. Einst als Stadt von Kohle und Stahl berühmt, ist Ro­therham jetzt wieder in den Schlagzeilen: Als Synonym für einen fast unglaublichen Skandal um den Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung junger Mädchen.

Zwischen 1997 und 2013 sollen 1400 Kinder und Jugendliche Opfer von Vergewaltigern und Schleusern geworden sein, fand ein unabhängiger Bericht der Professorin Alexis Jay heraus. Polizei und Jugendamt schauten weitgehend zu.

Kindesmissbrauch bei der BBC, Leichenschändung in staatlichen Krankenhäusern des Gesundheitssystems NHS, Affären mit Jugendlichen unter Parlamentariern in Westminster, systematischer Missbrauch in Kinderheimen in Wales, Hunderte geschändete Heimkinder in Nordirland, der Vatikan ermittelt in Schottland gegen einen Kardinal: Verbirgt sich hinter der Fassade von Höflichkeit und guten Manieren eine Nation von Kinderschändern? „Rotherham ist kein Einzelfall“, sagt der Chef der Selbsthilfeorganisation National Association for People Abused in Childhood, Peter Saunders.

In einem Zeitraum von zwölf Monaten 2011/2012 wurden in Großbritannien einem Bericht der Schutzorganistation NSPCC (National Society for the Prevention against Cruelty to Children) zufolge 29 305 Kinder Opfer von Missbrauch. Nimmt man alle Fälle von Kindern zusammen, die Opfer von häuslicher oder sonstiger Gewalt geworden sind, kommt man in Großbritannien laut NSPCC auf rund eine Million. Und der Bericht gibt zu: „Die meisten Kinder, die Opfer von Gewalt oder Vernachlässigung werden, sind den Behörden gar nicht bekannt.“

Der früher für Kinderschutz zuständige Polizeichef der Region hat derweil um Entschuldigung gebeten: „Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, dann hätte eindeutig mehr getan werden können“, sagte Shaun Wright.

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