52-Jährige will bei vollem Gehalt bis zur Rente freigestellt werden

Klage vor dem Landesarbeitsgericht. Rechnungsprüferin der Stadt Solingen fühlt sich von ihren Chefs schikaniert.

Düsseldorf/Solingen. Es müsse kein Schmerzensgeld sein, eine Freistellung bei vollem Gehalt bis zur Rente reiche auch. Mit diesem Vorschlag startete eine Rechnungsprüferin (52) der Stadt Solingen am Dienstag in ihre Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Sie kämpfe weiter für ihr Recht, nachdem sie in erster Instanz im März vor dem Solinger Arbeitsgericht gescheitert war — mit einer Forderung nach höherem Gehalt und 893 000 Euro wegen Schikanen am Arbeitsplatz.

Begonnen hatte eine Serie von Prozessen zwischen der Frau und der Stadt mit einer später durch Gerichtsurteil aufgehobenen fristlosen Kündigung vor vier Jahren. Die Revisorin sollte ihre Arbeitszeiten falsch erfasst haben. Es habe sich um einen konstruierten Vorwurf gehandelt, erklärte am Dienstag der Anwalt der Solingerin. „Schon da kann ich Ihnen nicht folgen“, erwiderte der Vorsitzende Richter. Es habe lediglich nicht widerlegt werden können, dass die Klägerin nochmals an ihre Arbeit zurückgekehrt sei, nachdem Vorgesetzte sie hatten gehen sehen.

Einig sind sich die Parteien nur, dass die Zusammenarbeit seit dem ersten Prozess schwierig ist. Die Verwaltung richtete der weiter beschäftigten Rechnungsprüferin ein Außenbüro im Städtischen Klinikum ein, rund neun Kilometer entfernt vom Sitz ihrer Abteilung. So sollten Vorgesetzte und Mitarbeiterin zumindest vorübergehend weniger Berührungs- und damit Streitpunkte haben. Das sei Schikane, lautete darauf der Vorwurf der Klägerin: Sie sei abgeschnitten von Frühstückstreffen und Dienstbesprechungen, habe notwendige Unterlagen nicht zur Hand. Sie solle eine Prüfung in Finanzbuchhaltung ablegen, aber die vorbereitenden Kurse habe die Stadt ihr verweigert: „Meine Aufgaben waren so ausgelegt, dass ich auf jeden Fall scheitern musste.“

Mit der Personalabteilung führe die Klägerin praktisch nur noch schriftlichen Austausch, erläuterte der Rechtsbeistand der Stadt vom Kommunalen Arbeitgeberverband: „Die Mitarbeiter sichern sich ab, damit nicht im Nachhinein Worte verdreht werden.“ Dokumentiert seien E-Mails zu jeder Kleinigkeit, sagte der Vorsitzende Richter: „Wenn ich mit meiner Sekretärin alles schriftlich machen müsste, würde ich verrückt werden.“

Vorschlagen könne man allenfalls einen Heimarbeitsplatz, stellte der Richter fest. „Da würde ich mich isoliert fühlen. Da gehe ich lieber zur Arbeit“, lehnte die Klägerin ab. Damit war die letzte Möglichkeit, sich am Dienstag noch zu einigen, verspielt.

Als weitgehend erledigt kann die Forderung der Klägerin nach einer Höhergruppierung um zwei Gehaltsstufen rückwirkend seit Mai 2010 gelten. Ihr Anwalt sei nicht auf die Urteilsgründe des Arbeitsgerichts Solingen eingegangen, erklärte der Richter. Damit sei die Berufung in dieser Hinsicht wohl unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht wird einen neuen Termin anberaumen und verkünden, wie der Prozess fortgesetzt werden soll. Für den Fall, dass neue Beweise erhoben werden, hat der Anwalt der Klägerin gegenüber unserer Zeitung bereits angekündigt: Zeugen, die „die Seiten gewechselt“ hätten, würden belegen, dass es in der Verwaltung ein „abgekartetes Spiel“ gegen seine Mandantin gegeben habe.

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