Artenschutz für Spezialitäten

Lebensmittel-Spezialitäten aus NRW sollen künftig verstärkt touristisch und kulinarisch beworben werden

Düsseldorf. "Ja sind wir im Wald hier, warum nicht das Altbier?" fragt ein aufgebrachter Biertrinker, als er auf einer Veranstaltung zur Entwicklung und Bedeutung regionaler Spezialitäten aus NRW erfährt, dass sowohl das Kölsch aus der Domstadt als auch das Dortmunder Bier durch ein europäisches Schutz-Label vor Nachahmung sicher sind.

"Auch die berühmten Aachener Printen haben sich einen solchen Schutz ergattert", sagt Ludger Schulze Pals vom NRW-Landwirtschaftsministerium. EU-weit seien derzeit 700 Lebensmittel als regionale Spezialitäten geschützt. Deutschlandweit sind es 30 - an Rhein und Ruhr aber eben nur die oben genannten drei Produkte.

Dabei gibt es hierzulande noch viel mehr besondere Leckereien: Pumpernickel oder westfälischer Knochenschinken, Spargel aus Walbeck oder rheinischer Sauerbraten, rheinisches Rübenkraut und so weiter. Manfred Heuser von der Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft weiß, dass in NRW rund 260 Produkte überlegen, das Schutzlabel zu beantragen.

Regionale Spezialitäten haben laut Heuser "eine lange Tradition und einen Bezug zur Lebenskultur der Menschen". Zudem sollte es sich auf jeden Fall um "einfache, aber gute Produkte" handeln, die beim Verbraucher auch über eine hohe Wertschätzung verfügt.

Die meisten geschützten Produkte in der EU stammen aus Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Griechenland stammen. Wen wundert es, kennt doch jeder Konsument in Deutschland berühmte Spezialitäten wie Parmesan, Parma-Schinken, Champagner, Trüffel oder sonstige Leckereien.

Das Land zwischen Rhein und Weser in kulinarischer Hinsicht genießt dagegen keinen besonders guten Ruf: Panhas, Pfefferpotthast oder Himmel und Erde sind als Reste-Verwertungen nicht nur für Zugereiste eher gewöhnungsbedürftig.

Dabei sind regionale Spezialitäten nach Ansicht der Experten so etwas wie der Grundteig oder das Treibmittel für jede erfolgreiche Küche. "Die Leute suchen regionale Lebensmittel und wir alle wissen, das landestypisches Essen zu einem guten Urlaub dazu gehört", sagt Ute Dallmeier, Geschäftsführerin des Vereins NRW-Tourismus.

Das Land habe in kulinarischer Hinsicht einen enormen Nachholbedarf. Urlauber bewerteten die Kochkunst in Restaurants an Rhein und Ruhr nur mit der Note 2,16, obwohl hier eine ganze Reihe von Sterneköchen am Herd steht.. Und das gastronomische Angebot an typischen Speisen liegt nach dem Empfinden der Reisenden im Bundesländer-Ranking laut Dallmeier ganz weit abgeschlagen auf Platz 13.

Regionale Spezialitäten sind Nischen, in denen sich Produzenten gut behaupten können, die sogar zu echten Exportschlagern werden und die lokale Wirtschaft ankurbeln können. Zahlreiche regionale Erzeuger, Metzger, Gemüse- und Obstbauern, Konditoren und Käser beweisen, dass Lokalpatriotismus beim Essen nicht nur nützlich ist, sondern auch ein gutes Werbe- und Marketinginstrument sein kann.

Hoch im Kurs stehen etwa der Schwerter Senf, der Walbecker Spargel, der Nieheimer Käse aus Sauermilch-Quark, die süße Siegener Rubenskugel, die an den in Siegen geborenen berühmten Maler erinnert oder auch die Bergische Kottenwurst. Die Kottenwurst ist eine Art Mettwurst aus reinem Schweinefleisch, die in einen Schweinedarm gefüllt wird, wie Wolfgang Rehn von der Innung der Nahrungsmittelhandwerke Remscheid erklärte.

Frank Hebmüller, der technische Leiter des Brauhauses Uerige in Düsseldorf will nicht ausschließen, dass das Brauhaus sich für "dat leckere Dröppke" auch um den Geo-Schutz bemüht. Auf jeden Fall arbeite man im Standort in der Düsseldorfer Altstadt intensiv daran, "Regionalität und Originalität zu erhalten", versicherte Hebmüller. Für Ute Dallmeier jedenfalls steht fest, dass Hersteller regionaler Lebensmittel-Spezialitäten Marketing betreiben müssen.

Als positives Beispiel nennt Dallmeier die Aachener Firma Nobis, die in einem Kooperationsprojekt mit der Fluggesellschaft Air-Berlin hoch über den Wolken 250 000 ihrer Printen an die Passagiere austeilen lässt, um ihnen Geschmack auf Aachen und ihr Produkt zu machen.

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