Asche-Alarm legt Flugverkehr zeitweilig lahm

Frankfurt/Main (dpa) - Aschewolken des isländischen Vulkans Grímsvötn haben den Flugverkehr in Deutschland massiv behindert. Flughäfen in Berlin, Hamburg und Bremen mussten am Mittwoch vorübergehend schließen.

Anders als bei dem Flugchaos vor einem Jahr wurde das Flugverbot rasch wieder aufgehoben.

Insgesamt fielen rund 450 Flüge vor allem im Norden Deutschlands aus, zehntausende Passagiere mussten ihre Reisepläne umwerfen. Am Grímsvötn entschärfte sich die Situation. Der Feuerberg spuckte keine Asche mehr in große Höhen. In den kommenden Tagen werden keine erneuten Probleme für Europa erwartet. Piloten und Opposition kritisierten das Krisenmanagement.

Vor etwa einem Jahr war der isländische Vulkan Eyjafjallajökull ausgebrochen und hatte Europas Flugverkehr lahmgelegt. Die aktuelle Aschewolke wird voraussichtlich kein neues Chaos anrichten. „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind auch an den kommenden Tagen keine Beeinträchtigungen im deutschen Luftraum zu erwarten“, teilte die Deutsche Flugsicherung (DFS) am Nachmittag in Langen bei Frankfurt mit.

Obwohl der Betrieb auf den Flughäfen im Norden Deutschlands nur für einige Stunde ruhte, waren die Folgen gravierend: Reisende konnten gar nicht fliegen, mussten lange Verspätungen in Kauf nehmen oder auf Bahn und Auto umsteigen. In Hamburg, wo der Flughafen sechs Stunden dicht war, fielen mehr als 230 Flüge aus - 20 000 Passagiere waren betroffen. An den Berliner Flughäfen, die drei Stunden zu waren, hieß es bei rund 180 Flügen: „gestrichen“. Wegen der Schließungen im Norden blieben zudem in ganz Deutschland zahlreiche Maschinen am Boden, darunter in Frankfurt/Main, Stuttgart, Düsseldorf, Hannover, München und Nürnberg.

Dem Vulkan im Südosten Islands ging mittlerweile die Puste aus. Der Grímsvötn schleudere keine Asche mehr sehr hoch in die Atmosphäre, sagte ein Sprecher des Meteorologischen Institutes in Reykjavik. Der Wind sollte die Wolke zudem in Richtung Polen wehen.

Vom Deutschen Wetterdienst (DWD) hieß es bereits am Vormittag, die Aschekonzentration in der Luft sei nicht mehr kritisch. Die Wolke ziehe langsam nach Nordosten in Richtung Polen und Ostsee ab. In Deutschland darf bei mehr als zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft nicht mehr geflogen werden - es sei denn, Triebwerk- und Flugzeughersteller geben grünes Licht.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) forderte einheitliche europäische Richtlinien zum Umgang mit Vulkanasche im Flugverkehr. Die gibt es bisher noch nicht. Wenn die Triebwerkshersteller die Flugsicherheit nur bis zu einer Asche-Konzentration von 2 Milligramm pro Kubikmeter Luft bescheinigen, dann sehe er sich nicht in der Lage, einen höheren Grenzwert auszugeben, sagte der Minister. Insgesamt zog er eine positive Bilanz: „Es hat gut funktioniert“, sagte er am Mittwoch im thüringischen Saalfeld. „Wir sind in Deutschland hinreichend gerüstet für ein solches Ereignis.“

Piloten und Opposition hatten das Krisenmanagement kritisiert. Ein Grenzwert sei nur belastbar, wenn er mit Tests untermauert werde, sagte der Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, Jörg Handwerg. „Das ist derzeit noch nicht der Fall.“ Die SPD-Fraktion im Bundestag bemängelte, dass die Arbeitsgruppe Flugzeugtechnik seit Herbst 2010 nicht mehr getagt habe, obwohl kein Ergebnis vorlag.

Die Vulkanasche ist nach aktuellen Messungen weniger konzentriert als nach dem Ausbruch vom vergangenen Jahr. Das sagte der Physiker Cornelius Schiller vom Forschungszentrum Jülich.

Abgesehen von Deutschland lief der Flugbetrieb in Europa weitgehend normal. Am Dienstag waren wegen der Aschewolke 500 Flüge vor allem über Großbritannien annulliert worden. Dort entspannte sich die Lage am Mittwoch.

Die Flugausfälle setzten kurzzeitig ein Fragezeichen hinter den Besuch des schwedischen Kronprinzenpaares in Berlin. Am Nachmittag war jedoch klar, dass Victoria und Prinz Daniel wie geplant von München nach Berlin fliegen konnten.

Der Ausbruch des isländischen Gletschervulkans Eyjafjallajökull hatte im Frühjahr 2010 wochenlang zum Ausfall tausender Flüge geführt. Damals fehlten Grenzwerte für die Aschekonzentration in der Luft. Inzwischen gelten drei Zonen - das Fliegen in Regionen mit geringer Konzentration ist erlaubt. In Deutschland legte Ramsauer die kritische Marke von zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft fest.

Doch es wurde Kritik laut. Ein Grenzwert sei nur belastbar, wenn er mit Tests untermauert werde, sagte der Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, Jörg Handwerg. „Das ist derzeit noch nicht der Fall.“ Zudem müssten die Werte europaweit gültig sein.

Die SPD-Fraktion im Bundestag bemängelte, dass die Arbeitsgruppe Flugzeugtechnik seit Herbst 2010 nicht mehr getagt habe, obwohl kein Ergebnis vorlag. Ramsauer sieht dagegen Versäumnisse bei den Triebwerksherstellern. Nach Angaben der Internationalen Luftfahrtvereinigung brachte „das Missmanagement von 2010“ dem internationalen Luftverkehr einen Verlust von 1,8 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro).

Der Grímsvötn war am Samstag ausgebrochen. Die Aschewolke erreichte zeitweise eine Höhe von 20 Kilometern. Unabhängig davon wurde am Mittwoch ein deutscher Wanderer in Island vermisst: Am Riesengletscher Vatnajökull suchten Retter nach dem Mann. In dem Gletscher liegt auch der Grímsvötn.

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