Bahn: Diebe plündern Fahrkarten-Automaten

Täter suchen sich gezielt wenig gesicherte Haltepunkte aus. Neues Gerät kostet 30 000 Euro.

Düsseldorf/Solingen. Der Sachschaden ist enorm, die Beute geht in die Zehntausende Euro: 19 Ticketautomaten hat die Bahn innerhalb nur eines Monats durch Aufbrüche verloren, fast alle davon in Nordrhein-Westfalen. Das bestätigt die Bundespolizei auf Anfrage unserer Zeitung.

Die ersten Meldungen tauchten Anfang November auf. In Meckenheim montierten Unbekannte einen kompletten Automaten ab und ließen nur einen leeren Betonsockel zurück. Wenige Tage später wurden Maschinen in Köln und Hennef aufgebrochen. Inzwischen ist klar: Die Ermittler haben es mit einer Serie zu tun. Laut Bundespolizei gibt es Hinweise auf Verdächtige. In Kürze könnten die Anhaltspunkte für einen öffentlichen Fahndungsaufruf reichen.

Die Aufbrüche konzentrieren sich derzeit auf den Raum Köln-Bonn, nördlichster Tatort bisher war der Bahnhof Solingen-Mitte, Haltepunkt einer Regionalbahn. Pendler Christian Schüler (57) bemerkte den Schaden dort kurz vor 7 Uhr auf dem Weg zur Arbeit — und fotografierte den offenstehenden Geräteschrank: „Der Automat piepste noch. Der hatte eine Diebstahl-Sicherung.“

Dass sich die Täter mit den rot-weißen Automaten inzwischen gut auskennen, ist offensichtlich: „Die Taten dauern nur wenige Minuten“, sagt der Sprecher der Bundespolizei in NRW, Jens Flören. Die Diebe würden wenig frequentierte Haltepunkte wählen, möglichst ohne Videoüberwachung. Ihre Angriffe legten sie in die ruhige Zeit zwischen 0 und 5 Uhr. Wer nachts etwas Verdächtiges auf einem Bahnsteig bemerkt, sollte deshalb nicht zögern, sondern sofort die Polizei rufen.

Ticketautomaten ziehen immer wieder Kriminelle an. In der Nähe von Münster war es — bei einer wohl nicht im Zusammenhang stehenden Tat — ein abgestellter Zug der Eurobahn, den Diebe aufbrachen, um den Automaten darin mit einer Flex aufzuschneiden. Hinzu kommen Betrügereien an den Geräten. Bei der aktuellen Serie gehe es den Tätern eindeutig um Bargeld, erläutert Flören. Die Beute betrage jeweils zwischen einigen hundert und mehreren tausend Euro. Flören: „Die Bahn leert die Geldkassetten inzwischen häufiger.“ Auch bei den Fällen, bei denen es beim Versuch blieb, sei der Sachschaden immens, er übersteige meistens den gestohlenen Betrag.

30 000 Euro — soviel kostet eines der Geräte der Bahn mit Touchscreen-Monitor und Kreditkartenleser, sagt eine Bahnsprecherin: „Wir haben unser Sicherheitskonzept umgestellt.“ Genaueres wolle sie im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. Die Bahn bedaure die Unannehmlichkeiten für die Kunden.

Pendler beziehen ihre Monatstickets meistens im Abo, aber auch für sie sind die Automaten nützlich: Sie bieten an Haltepunkten ohne Anzeigetafeln aktuelle Infos zu Fahrplänen und Zugverspätungen. Wer als Gelegenheitsfahrer unterwegs ist, möge sich von fehlenden oder beschädigten Automaten nicht irritieren lassen, teilt die Bahn mit. Fahrgäste sollten sich beim Zugpersonal melden — soweit welches in der Nähe sei. Die Zugbegleiter könnten nachvollziehen, welche Automaten aktuell gestört sind. Spätestens am nächsten Umsteigebahnhof mit funktionierendem Automaten oder geöffneter Verkaufsstelle sollen Reisende eine Fahrkarte kaufen.

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