Bernsteinzimmer wird in Wuppertal gesucht

Ein Mann aus Sachsen, der anonym bleiben möchte, ist dem verschollenen Bernsteinzimmer in einem ehemaligen SA-Gefängnis auf der Spur.

Wuppertal. Unter strenger Geheimhaltung, bislang nur mit Wissen eines engen Kreises der Stadtverwaltung, sucht eine Gruppe in Wuppertal nach dem berühmten Bernsteinzimmer.

Im Fokus steht dabei ein Gebäudekomplex an der Münzstraße, den die SA einst als Folterkammer nutzte. Allem Anschein nach geht die Gruppe gar davon aus, dass sich in einem weit verzweigten Netz von Tunneln weitere Schätze verbergen, die während der Nazi-Zeit verschwanden.

"Wir hielten es für eine spannende Geschichte", sagt Hans-Uwe Flunkert, Chef des Gebäudemanagements Wuppertal (GMW). Bei dem Kopf der Gruppe handele es sich um einen Agrarökonomen, der momentan seine Arbeit niedergelegt habe und im Sommer die Suche fortsetzen wolle.

Unserer Zeitung gelang es, Kontakt zu dem Mann aufzunehmen. In einem Telefonat widersprach er dem Sachverhalt nicht, bat aber um ein Treffen. Dabei gab er knappe Auskünfte, die er dann widerrief, um dann im Fall einer Veröffentlichung mit einer Klage zu drohen.

Schlüssel zu seiner Theorie ist eine bislang nicht beachtete verwandtschaftliche Beziehung. Erich Koch, Gauleiter in Ostpreußen und vielleicht Drahtzieher beim Abtransport des Bernsteinzimmers aus Königsberg, stammte aus Wuppertal-Elberfeld, wo sein Verwandter Paul Koch einen Lebensmittelvertrieb besaß. Dieser Standort wäre als Versteck kaum geeignet gewesen, anders der spätere Firmensitz in Barmen.

Nach den Verwüstungen beim Bombenangriff 1943 hatte Paul Koch den ehemaligen Sitz der Genossenschaft "Vorwärts" übernommen. Der riesige Produktionskomplex besaß einen eigenen, nicht mehr erhaltenen Bahnhof an der Rheinischen Strecke, zu dem ein unterirdischer Gleisanschluss bestand.

Zudem existierten Verbindungen zum Tunnel Schee an der Grenze zu Sprockhövel, in dem zu Kriegszeiten Teile des Jägers Messerschmidt gefertigt wurden. Die Hobby-Forscher vermuten auch dort Gänge bis in tiefere Lagen.

Die "Vorwärts" war nicht direkter Vorgänger auf dem Gelände Münzstraße. Vielmehr war dort zwischenzeitlich eine SA-Reiterstaffel stationiert, die in den Kellern ab 1933 Nazigegner folterte, um sie dann in die Kemna zu deportieren, Deutschlands erstem KZ. So dürften höchste Nazi-Kreise den Komplex gut gekannt haben.

In Gedenken an die Hintergründe wird das Haus Münzstraße seit März 2007 durch die Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung (GBA) saniert. Immer wieder kommen dabei versteckte Kammern zum Vorschein. Dieter Mattner von der GBA sind die Aktivitäten bekannt, er bezeichnet die Schatzsuche als "eine Schmonzette".

Niemand weiß, ob das Bernsteinzimmer noch existiert. Erich Koch war nach 1945 in polnischer Haft zum Tode verurteilt worden. Die Hinrichtung wurde nie vollzogen. Gerüchten zu Folge hat er sein Leben retten können, indem er immer neue Fährten zum Bernsteinzimmer legte.

Paul Koch war ebenfalls als Kriegsverbrecher angeklagt. 1947 kam er frei und erhielt später gar das Bundesverdienstkreuz, weil er sich in Notzeiten für die Versorgung Wuppertals eingesetzt hatte.

Laut dem Privat-Forscher ist die Münzstraße nur ein Baustein, hinter dem sehr viel mehr stecke. Bisher habe er schon einen Fund gemacht, "aber nicht das, was wir suchen". Dieser Fund habe ihn gezwungen, den Bundesnachrichtendienst einzuschalten.

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