Das Aufräumen nimmt kein Ende

Auch ein Jahr nach Sturm Kyrill sind noch nicht alle Schäden beseitigt. Doch die Zeit drängt: Bis März muss alles fertig sein, denn es droht eine Käferplage.

<strong>Neuenrade. Warnungen hatte es zwar gegeben, doch kaum jemand hatte sie richtig ernst genommen. Auch Forstamtmann Franz-Josef Stein (52) nicht. "Es wird schon nicht so schlimm werden", hatte der Chef des Forstbetriebsbezirks Neuenrade im Sauerland gedacht. Er täuschte sich, denn es wurde nicht nur schlimm, es wurde sogar extrem schlimm: Am späten Nachmittag des 18. Januar 2007 verdunkelte sich plötzlich der Himmel. Orkan "Kyrill" peitschte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Stundenkilometern übers Land, deckte Hausdächer ab, knickte Ampelmasten, legte für Stunden das öffentliche Leben lahm - und zerstörte ganze Waldgebiete. Vor allem in den Wäldern des Sieger- und Sauerlandes verursachte Kyrill enorme Schäden. Schäden, die so schwer sind, dass ihre Folgen immer noch nicht vollständig behoben sind.

Eine Waldfläche so groß wie 350 Fußballfelder komplett zerstört

Mit am schlimmsten betroffen ist das 12000-Einwohner-Städtchen Neuenrade im Märkischen Kreis. "Überall lagen hier die Bäume kreuz und quer übereinander", erinnert sich Förster Stein. Auch er selbst blieb nicht verschont: Zwei Bäume stürzten auf sein Haus. "Vor allem auf dem Kohlberg ist fast nichts mehr stehen geblieben." Rund 250 Hektar Wald mit Fichten und Nadelhölzern hat der Orkan in dem 514 Meter hohen Naherholungsgebiet zerstört - eine Fläche größer als 350 Fußballfelder.Inzwischen sind dort die vom Orkan wie Streichhölzer zerknickten und umgeworfenen Bäume fast alle weggeräumt, wurden von riesigen Maschinen, so genannten Harvestern (engl. = Ernter), ihrer Äste beraubt und je nach Stammdurchmesser und Verwendbarkeit in die passende Länge zerlegt. Fein säuberlich aufgeschichtet, säumen die Stämme nun in schier endloser Folge von bis zu fünf Meter hohen Stapeln die Ränder der Wege. Zurückgeblieben ist eine krank-braune Ödnis, die in ihrer Zerwühltheit an ein Schlachtfeld erinnert, und aus der nur noch ab und zu vereinzelte Bäume herausragen.

"Normalerweise werden in unserem knapp 2000 Hektar großen Forstbetriebsbezirk jährlich etwa 10000 Festmeter Holz geerntet und bearbeitet", sagt Franz-Josef Stein. Durch Kyrill sind es nun mehr als 150000 Festmeter - das Fünfzehnfache.

So kamen landesweit bei den Aufräumarbeiten bislang sechs Menschen durch vor- oder zurückschnellende Stämme und Äste ums Leben. "Bei uns hat es durch zurückschlagendes Holz zum Glück nur zwei Unfälle gegeben, und die sind mit jeweils einem Beinbruch noch relativ glimpflich verlaufen", sagt Stein.

Und so dröhnen am Kohlberg immer noch vom ersten Morgengrauen bis zum letzten Tageslicht die Motorsägen, rollen in langen Karawanen die Holztranporter. Deren Fahrer orientieren sich an grellen roten, blauen oder grünen Punkten, Kreisen und Dreiecken, die mit Leuchtfarbe auf die gestapelten Stämme gesprüht wurden.

Holzmarkt: Der Holzmarkt hat die Kyrill-Mengen verarbeitet. Unverkaufte Hölzer gibt es kaum noch. Viel Holz ging ins EU-Ausland, höherwertige Stämme gingen an die Möbelindustrie oder werden auf Nassholzplätzen zwischengelagert.

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