Das kleinste Kino der Welt: Wohnwagen-Kino

Kein Scherz: Der von exzentrischen Briten betriebene Wohnwagen hat Platz für gerade einmal acht Zuschauer.

London. Wenn sich der Samtvorhang im „Sol Cinema“ öffnet, dann immer vor vollen Rängen. Das geht auch gar nicht anders, denn das kleinste Kino der Welt zählt nur acht Sitze. Was dem umgebauten Wohnwagen an Größe fehlt, macht er an Charme wett: Exzentrische Briten aus Wales haben die Lichtspiel-Miniatur mit Popcorn, Projektor und Platzanweiser ausgestattet. Hereinspaziert!

Ein Mal blinzeln, und schon hat man das Kino übersehen: Wie es da in London steht, wirkt das „Sol Cinema“ wie ein Gast vom anderen Stern. Auf dem Dach flackert und lockt eine altmodische Leuchtreklame, die Außenwände hat jemand liebevoll mit Backsteinmuster tapeziert. Vor der Kordel, am roten Teppich, stehen schon Neugierige kichernd Schlange — keine Frage: Im Königreich der Schrulligkeit gibt es keine Berührungsängste mit dem Filmpalast in XXS.

„Wir zeigen nur Kurzfilme“, erklärt Mitgründer Paul O’Connor das Konzept, „so können an einem Nachmittag mehr als hundert Gäste unser Kino besuchen.“ Auf sie wartet ein Erlebnis, das bei Youtube immer fehlen wird: Eine Platzanweiserin in Uniform verteilt durch das Wagenfenster Tickets und Popcorn, dann schiebt sie eine Zwergentreppe vor die Tür. Wer den „Saal 1“ betritt, hält unweigerlich die Luft an: Dass auf den blauen Polsterplüschbänken tatsächlich acht Personen Platz finden, glaubt man erst, als eine Minute später alle bequem sitzen. Unter dem hintersten Rang verstaut die Platzanweiserin effizient das Popcorn, dann geht es los: Der rote Vorhang mit goldfarbenen Bommeln öffnet sich, die Werbung läuft an. Am Mittwoch zeigen die Waliser einen Sechs-Minuten-Streifen über jugendliche Einwanderer in der Großstadt.

Ein simpler Projektor wirft den Film auf die 1,20-Meter-Leinwand, versteckt angebracht in einem Scheinwerfer aus den 1920er Jahren. Auto-Lautsprecher sorgen für den Ton. Vier Akkus, die Energie aus zwei Solarpanelen ziehen, treiben das „Sol“ an. Der Solarstrom macht die Betreiber unabhängig: „Wir können überall Filme zeigen, selbst im Wald oder in entlegenen Gebieten ohne Stromanschluss“, sagt Paul O’Connor. Seit drei Jahren bringen sie ihr fahrendes Lichtspielhaus zum Publikum — es taucht auf am Rande schlammiger Rock-Festivals, in Innenstädten oder neben der Champagnerbar edler Kulturtermine.

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