Der Klötzchen-Klassiker

Für den deutschen Markt ungeeignet. So fiel 1955 das Urteil über die damals noch unbekannten Lego-Steine aus. Ein Irrtum.

München. Es sind noch einmal 18 Legosteine mehr geworden: 2007, beim 75. Bestehen des dänischen Spielzeugherstellers, besaß jeder Mensch im Durchschnitt 62 Legosteine. Zum 80. Geburtstag am Freitag sind es schon 80 Legosteine. Jeder Mensch besitzt statistisch gesehenen so viele Legosteine: Die bunten Quader sind längst kein Kinderspiel mehr, sondern auch bei Großen beliebt.

Die Geschichte des Spielzeugs ist die Geschichte eines einfachen Tischlers. Ole Kirk Christiansen kam 1891 in der bitterarmen Region Jütland zur Welt. 1916 machte er sich als Tischler selbstständig, 1924 brannte seine erste Werkstatt mitsamt seinem Haus ab, nachdem zwei seiner vier Söhne mit Feuer gespielt hatten.

Christiansen baute eine neue Werkstatt und gründete am 10. August 1932 in Billund seine Fertigung von Bügelbrettern und Holzspielzeug. Die Umstände hätten nicht ungünstiger sein können: Nur gut einen Monat danach starb Christiansens Frau, obendrein brach die Weltwirtschaftskrise ein. Doch der Tischler zeigte sich zäh. Er holte seinen zwölf Jahre alten Sohn Godtfred Kirk in die Firma. Zwei Jahre später erfand der Senior den heutigen Namen.

Es ist eine Kurzform von „Leg godt“, was „Spiel gut“ heißt. Der alte Christiansen legte die Basis, sein Sohn war der Tüftler für die Weiterentwicklung. 1935 entwickelt Lego das erste Konstruktionsspielzeug, bald hing das Motto „Nur das Beste ist gut genug“ über der Werkstatt. Den Durchbruch schaffte Lego mit der Abkehr vom Holz. Nach dem Zweiten Weltkrieg schaffte die Firma als erste in Dänemark eine Kunststoff-Spritzgussmaschine an und begann zu experimentieren.

Zu den ersten durch die Maschine möglich gewordenen Neuerfindungen gehörten die so bezeichneten sich „automatisch verbindenden Steine“, ein Vorläufer der heutigen Legosteine. Sie hatten vier und acht Noppen und wurden nur in Dänemark angeboten. 1954 lernte Godtfred Kirk bei einer Schiffsreise nach Großbritannien einen Einkäufer kennen, der der Meinung war, dass es dem Spielzeug an System fehlt. Es wurde ein wegweisendes Gespräch:

Der nun voll in die Unternehmensführung integrierte Junior entwickelte die Idee für das Lego System. 1955 gab es 28 verschiedene Baukästen. Als Christiansen sie bei der Nürnberger Spielwarenmesse vorstellte, gab es ein vernichtendes Echo. Für den deutschen Markt vollkommen ungeeignet! Dennoch gründete Lego 1956 die erste Auslandsfiliale in Schleswig-Holstein.

Technisch wurde das Jahr 1958 das entscheidende: Bis dahin hielten die Ur-Legosteine nur mäßig zusammen. Doch in diesem Jahr patentierte Lego die Fortentwicklung der Steine, die seitdem außer Noppen an der Oberseite auch Röhren in der Unterseite haben und stabil zusammenhalten.

Obwohl das Patent ausgelaufen ist und es längst Nachahmerprodukte gab — in der DDR die Pebe-Steine — hat Lego praktisch eine Alleinstellung. Längst überwunden ist die kurze Krisenphase der Jahre 2003 und 2004. Inzwischen steigen in jedem Jahr die Umsätze des vor einigen Jahren zum Spielzeug des 20. Jahrhunderts gewählten Lego.

Alleine die 2011 produzierten Steine könnten 16 Mal um die Erde gelegt werden. Mit 300 Millionen Rädern im Jahr steht die nach wie vor im Familienbesitz geführte Firma als größter Reifenhersteller der Welt im Guiness Buch der Rekorde.

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