Der Letzte Wille - Testamente bieten viele Möglichkeiten

München/Berlin (dpa/tmn) - Häufig gehen Geld und Immobilien über die gesetzliche Erbfolge an die Hinterbliebenen. Ein Testament bietet mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Doch wie muss ein solches Dokument aussehen?

München/Berlin (dpa/tmn) - Häufig gehen Geld und Immobilien über die gesetzliche Erbfolge an die Hinterbliebenen. Ein Testament bietet mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Doch wie muss ein solches Dokument aussehen?

Für viele ist das Testament ein heißes Eisen. Angst vor Zank und Streit, aber auch Unsicherheit, welche Verfügung die passende ist, hält manchen ab, seinen Letzten Willen zu Papier zu bringen. „Wer mit der gesetzlichen Erbfolge zufrieden ist, für den ist ein Testament überflüssig“, erklärt Fachbuchautor Otto Bretzinger. Wer seinen Nachlass aber regeln will, sollte beim Niederschreiben zunächst an sich, und erst danach an die Erben, denken: „Ich mache es damit so, dass es mir nach der Abfassung gut geht.“

Bretzinger spricht damit den emotionalen Aspekt an. Die Juristin Ursula Seiler-Schopp von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) den rechtlichen: „Immer an den Pflichtteil denken.“ Dieser kann auch in einem Testament nicht ausgeschlossen werden. Anspruch haben laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) in der Regel Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Abkömmlinge, also Kinder oder Enkel. Eltern kommen zum Zuge, wenn keine Abkömmlinge da sind. Ansonsten helfen Überlegungen weiter wie „Was passiert, wenn ich ein Pflegefall werde“ oder ob Vermögen schlicht verteilt oder bestimmte Angehörige abgesichert werden sollen.

Singles ohne nahe Angehörige können frei festlegen, wer eines Tages Haus, Schmuck und Geld bekommt. Der Vorteil: Weder entfernte oder unbekannte Verwandte, noch Vater Staat erben. Stattdessen dürfen sich zum Beispiel ein Freund, eine hilfsbereite Nachbarin oder eine wohltätige Organisation freuen, erklärt Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht (DFE). Der Münchner Fachanwalt ergänzt: „Die Zuwendung kann der Erblasser mit Auflagen verbinden und so über den Tod hinaus Dinge regeln, die ihm wichtig sind.“ Etwa die Grabpflege oder die Betreuung eines Haustiers.

Verheiratete haben mehrere Optionen. Eine Rolle spielt, ob Kinder da sind oder nicht. Experten raten kinderlosen Paaren häufig zum Berliner Testament. Darin setzen sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein, sichern sich so ab und bestimmen dann beispielsweise Neffen und Nichten zu Schlusserben. Dass ohne Testament ein länger lebender Partner automatisch Alleinerbe wird, ist ein Irrglaube. Sowohl in Zugewinngemeinschaft als auch bei Gütertrennung muss der überlebende Partner den Nachlass mit Eltern, Geschwistern und Großeltern des Erblassers teilen (BGB § 1931, § 1371, Abs. 1 und 3).

Ehepaare mit Kindern können ebenfalls ein Berliner Testament abfassen. In dem Fall werden die Kinder anstelle anderer Verwandter zu Schlusserben. Haken an der Sache: Die Kinder können vom überlebenden Elternteil die Auszahlung ihres Pflichtteils verlangen. Dem lässt sich nach Auskunft von Ursula Seiler-Schopp ein Riegel vorschieben: „Unter Umständen ist ein Pflichtteilsverzicht sinnvoll oder eine Strafklausel.“

Eine andere Variante des Letzten Willens für Ehepaare ist das Gemeinschaftliche Testament mit Anordnung von Vor- und Nacherbschaft. Eheleute können darin festlegen, dass beim Tod eines Partners der andere Vorerbe seines Nachlasses wird. Kinder erhalten dieses Hab und Gut beim Tod des zweiten Partners als Nacherben. Der Erblasser kann so die Teilhabe neuer Lebensgefährten oder missliebiger Schwiegerkinder an seinem Vermögen umgehen.

Grundsätzlich gilt: Der noch lebende Partner ist bei einem Gemeinschaftlichen Testament grundsätzlich an die Vereinbarung gebunden - selbst bei Familienkrach. Deshalb rät Anton Steiner: „Im Testament regeln, ob der Längerlebende es noch ändern darf.“ Eingetragene Lebenspartner können nach dem Gesetz ebenfalls ein Gemeinschaftliches Testament aufsetzen.

Patchworkfamilien fahren mit einem Testament gut, weil sowohl der Partner als auch alle Kinder bedacht werden können. Ohne Testament gehen Stiefkinder leer aus. „Gemeinsame oder alleinige Kinder erben jeweils vom leiblichen Elternteil“, erläutert der Münchner Anwalt und Fachbuchautor Finn Zwißler.

Paare ohne Trauschein, mit und ohne Kinder, können sich über Einzeltestamente gegenseitig absichern oder einen Erbvertrag schließen. Der funktioniert ähnlich dem Gemeinschaftlichen Testament bei Ehepaaren und wird notariell beglaubigt. Existieren weder Letzter Wille noch Erbvertrag, gilt: „Freund und Freundin sind nicht erbberechtigt.“ Ein Einzeltestament kann jederzeit ohne Wissen des anderen geändert oder widerrufen werden. Mit der Scheidung endet grundsätzlich das Erbrecht des Partners, nicht aber das der Kinder. Über diesen Umweg kann ein geschiedener Partner eventuell doch auf den Nachlass zugreifen. Wer das verhindern will, baut eine Klausel in die Verfügung ein, die die Vermögenssorge einem Dritten überträgt.

Literatur:

Bretzinger, Otto N.: Richtig vererben und verschenken, hrs.v. Verbraucherzentrale NRW, 11,90 Euro, ISBN-13: 978-3940580887

Zwißler, Finn; Petzold, Sascha: Das aktuelle Handbuch Testament. Den letzten Willen selbst verfassen - ohne Rechtsanwalt, ohne Notar, Walhalla-Verlag, 17,90 Euro, ISBN-13: 978-3-8029-3461-2

Bornewasser, Ludger; Klinger, Bernhard F.: Vorsorge, Testament und Erbfall professionell und rechtssicher gestalten, C.H. Beck, 24,90 Euro, ISBN-13: 978-3-406-62446-9

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