Die Scherphausens sind Opel

Familie arbeitet in der dritten Generation für die Marke mit dem Blitz. Jetzt zittert sie um den Fortbestand des Bochumer Werks.

Bochum. Die gesamte Familie ist Opel. Jürgen Scherphausen aus Bochum ist Opelaner mit Herz und Seele. Als er 1962 im Bochumer Opel-Werk begann, war Konrad Adenauer Bundeskanzler und die Beatles veröffentlichten ihre erste Single: „Love Me Do“.

Als am 10. Oktober 1962 der erste Kadett vom Montageband in Bochum lief, da begann für Jürgen Scherphausen ein Leben im Wohlstand, vergleichsweise jedenfalls. Vorher hatte er noch auf der Zeche „malochen“ müssen, erzählt das Ruhrgebiets-Original.

Mit einem Schlag wuchs das monatliche Einkommen des Arbeiters auf 400 D-Mark und Scherphausen kam sich vor wie ein König, sagt er. „Wie die Bude fertig war, sind wir mit ein paar Männekes rüber und haben ganz einfach eine Anstellung bekommen“, sagt der Mann, der heute Rentner ist.

Im Werk fand er auch seine große Liebe. Ehefrau Grete hat er in der Fertigmontage kennengelernt. Mit ihr ist er seit 39 Jahren verheiratet. „Wir hatten uns gesehen und uns dann irgendwann aneinander gewöhnt.“ So geht Liebe auf den ersten Blick im Ruhrpott. 30 Jahre lang arbeitete Grete als Montagearbeiterin in der Endfertigung. Auch sie hat nur gute Erinnerungen an ihre Zeit bei Opel.

Aus dem Fenster der Scherphausens am Castroper Hellweg sah Sohn Freddie immer die Fabrik. Auch er fasste den Entschluss, ging im Jahre 1976 zu Opel und arbeitet dort noch heute als Lackierer.

Manchmal vertritt er den Meister. Freddie hat sich nicht nur in die Marke mit dem Blitz, sondern auch in seine Frau Damaris verliebt. Sie arbeitete von 1986 bis 2002 bei Opel; zuerst in der Näherei, dann in der Lackreparatur. Sie verließ den Betrieb gegen eine Abfindung. Und bereut ihren Entschluss.

Seit der Eröffnung 1962 hat das Autowerk die Region, die Menschen und die Stadt Bochum tief geprägt. Zur Zeit der Zechenschließungen gegründet, stand das Werk lange Zeit für Vollbeschäftigung, Sicherheit und Wohlstand. 3200 Menschen sind aktuell direkt im Unternehmen beschäftigt, rund 1000 bei Partner- und Fremdfirmen.

Zwei Zafira-Modelle und der Astra Classic werden in Bochum gebaut. In den 70er Jahren waren im einzigen Automobilwerk im Ruhrgebiet mehr als 21 000 Menschen beschäftigt, sagt Betriebsratschef Rainer Einenkel. Doch dann ging es bergab.

„Man hat es kommen sehen. Die ganze Politik, das geht doch nur über die Löhne und so“, findet Rentner Scherphausen. Das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem: „Zum Beispiel Billigbrötchen“, holt der Bochumer aus. Die seien schuld, dass Handwerksbäcker vor die Hunde gehen, findet er.

Über solche Themen spricht er auch mit seinen Enkeln Sven und Jens. Das sind die Söhne von Freddie und Damaris. Die beiden absolvieren derzeit eine Ausbildung im Bochumer Werk.

„Opel hat in unserer Familie immer eine Rolle gespielt“, sagt Scherphausen. „Und wenn wir mal nicht wissen, was wir bereden sollen, dann sprechen wir über Opel.“ Er schwärmt von der Gemeinschaft und der guten Stimmung. Bei Opel zu arbeiten, das war was.

Privat allerdings ist sogar einer wie Scherphausen dem Blitz untreu geworden: Er fährt mit einem Mercedes durch Bochum.

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