Die Weihnachtslied-Retter

Wenn beim Singen unterm Baum der Text fehlt oder die Melodie nicht sitzt, hilft ein Büro in Graz.

Graz. „Stille Nacht“ auf Bambara, einem afrikanischen Dialekt? Da kommen selbst die Mitarbeiter im Grazer Büro für Weihnachtslieder ein wenig ins Schwitzen. „Das war bisher unsere größte Herausforderung“, sagt die Musikwissenschaftlerin Eva Maria Hois. Sie bietet mit ihrem kleinen Team Erste Hilfe in Sachen Weihnachtsstimmung. Bringt Texte in Erinnerung, lässt Melodien wieder aufleben. Und hilft so Menschen auf die Sprünge, die zu Weihnachten ein wenig in die eigene Vergangenheit eintauchen oder Kindheitserinnerung weitergeben wollen.

Wunder, wie die Übertragung des weltweit bekanntesten Weihnachtslieds in den afrikanische Dialekt Bambara, dauern vielleicht ein wenig länger. Aber mit Hilfe eines Studenten vom afro- asiatischen Institut wurde auch dieser Wunsch erfüllt. „Ob das singbar ist und der Text auf die Melodie passt, weiß ich nicht. Aber: Wir konnten eine Übersetzung anbieten“, freut sich Hois über den Erfolg ihrer kleinen, aber regen Initiative.

Die Mehrzahl der Anfragen an das Büro in der steirischen Hauptstadt, das seit 20 Jahren jeweils im Advent seine Dienste anbietet und vom steirischen Volksliedwerk getragen wird, sind etwas konventioneller gelagert. Typisch die Anfrage eines Mannes aus Borkum, der sich via E-Mail an die Grazer Weihnachtsretter wendet: Er kenne leider nur mehr den Textanfang eines Liedes aus seiner Kindheit, „Im Tannenwald ein Vöglein. . .“. Ob die Grazer vielleicht Text und Melodie komplett schicken könnten?

Die Grazer können. „Das muss in den 1920er, 1930er Jahre in einem deutschen Schulbuch gestanden haben“, meint Hois. Dazu bekommen wir die meisten Anfragen, und fast alle von älteren Menschen aus Deutschland.“

Das „Tannenwaldvöglein“ findet sich folgerichtig bereits als fertiger Scan im Computer, der hilfreiche Geist Thomas Felfer kann die Anfrage in wenigen Sekunden beantworten.

„Es kommt auch vor, dass jemand hereinkommt und uns etwas vorsingt oder summt“, erzählt der junge Mann. In den meisten Fällen greifen die versierten Liederkenner einfach nach hinten ins Regal. Dort lagern Aktenordner, Bücher und Stapel von Notenblättern. Viele handgeschrieben, andere mit Anmerkungen zur Instrumentierung versehen, andere als umfangreiche Partitur für Chor und Orchester.

Darüber freuen sich Kunden wie die aus Italien stammende Sängerin, die mit Freunden in Graz italienische Chorlieder einstudieren will. Auch zu anderen Weihnachtsbräuchen hilft das Büro zu neuen Ideen: da gibt es Gedichtsammlungen, Anleitungen zum Weihnachtsschmuck-Basteln oder auch Entwürfe für Krippenspiele.

Und für alle, die trotzdem noch nicht selber singen wollen, haben die Nothelfer in Sachen Weihnachtsstimmung noch eine kleine CD-Auswahl zusammengestellt.

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