Empörung über Streit um muslimischen Schützenkönig

Muslimischer Schützenkönig im christlichen Verein? Geht nicht, sagt der christliche Schützenverband. Muss gehen, sagen Politiker. Die Geschichte vom Dorf sorgt für Empörung im Land.

Empörung über Streit um muslimischen Schützenkönig
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Werl (dpa). Der umstrittene muslimische Schützenkönig aus Werl in Westfalen hat am Montag viel Rückendeckung bekommen. Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) forderte von den Beteiligten eine schnelle Einigung in der Debatte darüber, ob der 33-Jährige Mithat Gedik in dem Schützenverein bleiben kann, der laut seiner Satzung eine „Vereinigung christlicher Menschen“ ist. Auch der Probst vor Ort sprang Gedik bei.

Gedik ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Doch als Muslim hätte er kein Mitglied der Schützen in Werl-Sönnern werden dürfen, betont der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BDHS). Er ist Dachorganisation von rund 1300 Bruderschaften, wacht über die Einhaltung der Bestimmungen - und fordert Gediks Abdankung.

Schneider sprach von einem „Stück aus dem Tollhaus“, das von „Provinzialität“ zeuge. „Ich hoffe, dass diese Peinlichkeit zügig aus der Welt geschaffen wird.“ Es gebe in NRW viele Muslime, die Schützenkönige oder Karnevalsprinzen seien. Auch gebe es etwa im Ruhrgebiet keinen einzigen christlichen Kindergarten, in dem nicht auch muslimische Kinder integriert seien.

Auf der Internetseite der Schützenbruderschaft Sönnern-Pröbsting wird Gedik immer noch als neuer König ausdrücklich „beglückwünscht“. Es ist dort auch die Rede von „gelebter Integration und christlichen Werten“. Hält der Verein aber an seinem muslimischen König fest, droht ihm der Rauswurf aus dem Dachverband.

Der Zentralat der Muslime in Deutschland (ZMD) rügte solche Vereinssatzungen als nicht mehr zeitgemäß. „Stets fordert man in der Integrationsdebatte, dass Muslime sich auch in Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und auch Schützenvereinen beteiligen sollen“, sagte der Vorsitzende des ZMD-Zentralrats, Aiman Mazyek. „Wir haben immer gesagt: Integration ist keine Einbahnstraße. An diesem Beispiel wird wieder klar, was damit gemeint ist.“

Kritik kam auch von den Grünen und der FDP im Landtag. Der BDHS sei offensichtlich ein Verband, der ausgrenze, während von den Bürgern mit Migrationshintergrund immer wieder Integration eingefordert werde, erklärten die Grünen. Die FDP betonte, es sei gerade ein Zeichen gelungener Integration, wenn sich Einwanderer aktiv am deutschen Brauchtum beteiligten.

Auch die katholischen Geistlichen in Werl, die die Schützenbruderschaft betreuen, zeigen sich über den Streit veständnislos: „Wir haben kein Problem mit dem König. Wir haben ihn herzlich willkommen geheißen“, sagte der Werler Probst Michael Feldmann.

Juristisch stehe der BDHS mit seinem Ausschluss von Muslimen aus der Schützenvereins-Satzung dagegen auf sicherem Boden, machte der Rechtswissenschaftler Fabian Wittreck vom Exzellenzcluster „Religion und Politik„ der Universität Münster deutlich. Im deutschen Vereinsrecht gebe es keine Klausel für Integration, weil das Recht auf Gleichbehandlung im privaten Bereich, zu dem auch Vereine zählten, nicht gelte.

„Jeder Verein kann Regeln festlegen, wer Mitglied werden kann und wer nicht. Dabei ist er nicht an Grundrechte gebunden“, sagt Wittreck. Ob der BDHS jedoch gut beraten sei, auf dem Ausschluss von Gedik zu bestehen, sei eine andere Frage. Vom Schützenverein und dem BHDS gab es am Montag keine weitere Stellungnahme zu dem Fall. Man wolle die Sache zunächst intern beraten und klären, bevor man sich öffentlich äußere.

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