Erfolg für Witwe von Nazi-Opfer

62-Jährige bekommt ab sofort 600 Euro Beihilfe vom Land.

Düsseldorf. Für Regierungspräsidentin Anne Lütkes war die Angelegenheit so wichtig, dass die Rechtsanwältin am Dienstag höchstpersönlich beim Prozess im Düsseldorfer Landgericht erschien. Verhandelt wurde dort die Klage von Eva B., die mit einem Auschwitz-Überlebenden verheiratet war.

Als ihr Ehemann vor drei Jahren starb, hatte die 62-Jährige Witwenrente beantragt. Die jedoch wurde der Frau vom Land Nordrhein-Westfalen verweigert. Am Dienstag einigte man sich auf einen Vergleich.

Als Angehöriger der Sinti und Roma wurde Anton B. 1943 von den Nazis verhaftet und bis April 1945 als Zwangsarbeiter eingesetzt, unter anderem in Auschwitz und Buchenwald. Dabei musste der Mann schwere Misshandlungen ertragen, erlitt unter anderem einen Nasenbeinbruch und wurde durch einen Steckschuss im Oberschenkel verwundet. Seine Eltern und Geschwister wurden von den Nazis ermordet.

Ab 1957 erhielt er eine Entschädigung als NS-Verfolgter, und es wurde eine monatliche Rente bewilligt. Ein Gutachter stellte fest, dass Anton B. nicht nur psychische Schäden durch sein Leiden in den Konzentrationslagern davongetragen hatte, sondern auch eine Fehlfunktion des Herzmuskels.

Am 8. Februar 2009 starb er im Alter von 84 Jahren, einen Monat, nachdem er einen Herzschrittmacher erhalten hatte. Ursache war offenbar eine Durchfallerkrankung, weil Anton B. ein Antibiotikum nicht vertragen hatte. Seitdem kämpft seine Ehefrau um die Hinterbliebenen-Rente, die zum Beispiel auch den Witwen von ehemaligen Soldaten zusteht.

Die wird aber nur gezahlt, wenn es sich um ein „Verfolgungs-Leiden“ handelt. Das heißt, die Todesursache muss eindeutig eine Folge von Schäden sein, die durch die Arbeit im KZ entstanden sind. Und das sei — so stellte ein Gutachter fest — in dem Fall von Anton B. nicht nachzuweisen.

Mehrfach hatten die Parteien im Vorfeld versucht, eine gütliche Einigung herbeizuführen. Doch dies war daran gescheitert, dass die Juristen keinen Präzedenzfall schaffen wollten, der eine Klagewelle auslösen könnte.

Das wollte auch Anne Lütkes nicht, die einem Vergleichsvorschlag zustimmte. Eva B., die wegen einer Krebserkrankung selbst nicht an dem Prozess teilnahm, soll ab sofort eine Beihilfe von 600 Euro monatlich erhalten. „Aber ohne Rechtsgrundlage“, wie Lütkes betonte und damit deutlich machte, dass es sich um eine Kulanz-Entscheidung handelt. Außerdem will die Regierungspräsidentin prüfen lassen, ob die Kosten für die Krankenversorgung für die Klägerin übernommen werden können.

Eva B. muss diesem Vergleich noch zustimmen, der dann rechtskräftig wird. Sollte die Witwe ablehnen, würde das Landgericht am 25. September ein Urteil verkünden.

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