Ermittlungen: ICE-Unfall: Die Bahn war gewarnt

Kurz vor der Katastrophe im Tunnel kollidierte bereits ein anderer Zug mit einem Schaf.

Fulda (dpa). Bei den Ermittlungen zum ICE-Unfall mit einer Schafherde in einem Tunnel bei Fulda konzentriert sich die Staatsanwaltschaft zunehmend auf Beschäftigte der Deutschen Bahn AG.

Die Staatsanwaltschaft Fulda sehe jedoch "noch keinen Straftatbestand", sagte Justizsprecher Harry Wilke zum schweren Unfall vom Samstagabend.

Unstrittig sei aber, dass wenige Minuten vor dem Unglück bereits ein entgegenkommender ICE am knapp elf Kilometer langen Landrückentunnel mit einem Schaf kollidierte. Eine entsprechende Meldung des Lokführers sei auch bei der Betriebszentrale in Frankfurt eingegangen. Es müsse nun untersucht werden, was mit der Unfallmeldung geschehen sei und was laut Vorschrift hätte geschehen müssen.

Nach früheren Angaben von Bahn und Bundespolizei ist jedenfalls das Gleis für den Unglückszug nicht gesperrt worden. Medienberichte, wonach das Unglück in Deutschlands längstem Eisenbahntunnel wahrscheinlich vermeidbar gewesen sei, nannte der Staatsanwalt "spekulativ".

Als Hauptbeschuldigter gilt aber weiterhin der Schafbesitzer. Am Samstagabend war der Schnellzug mit Tempo 220 in seine Herde gerast, die vor dem Tunneleingang stand. Der Zug entgleiste, 19 Menschen wurden verletzt, etwa 20 Schafe kamen zu Tode.

Gegen den Schäfer wird wegen des Verdachts des fahrlässigen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt. Den Ermittlungen zufolge gibt es bislang keine Hinweise, dass Unbekannte oder streunende Hunde die Schafe den Berg hinauf zur Tunneleinfahrt getrieben haben könnten. Anhaltspunkte erhoffen sich die Ermittler von Zeugen, die noch vernommen würden.

Ein Bahn-Sprecher sagte, dass je nach Ereignis eine betroffene Strecke hätte gesperrt werden müssen. "Das hängt aber auch von der Einschätzung des Lokführers am Ort ab", sagte er. Statistiken zu Bahnunfällen mit Tieren lägen der DB nicht vor. "Das ist aber nichts Ungewöhnliches."

Unterdessen raste am Dienstag bei Arnstadt in Thüringen ein Regionalexpress mit 90 Stundenkilometern in eine ausgebrochene Rinderherde und tötete zwölf Kühe. Die 30 Fahrgäste kamen unverletzt davon.

Die Rinder in Thüringen waren von einer Weide ausgebrochen, die vier Kilometer von der Bahnstrecke entfernt liegt. Anders als im hessischen Bahntunnel brachten die überfahrenen Tiere den Zug aber nicht zum Entgleisen.

Eine Notbremsung hatte den Zusammenprall nicht verhindern können. Augenzeugen berichteten, die Tiere seien durch den Aufprall des rund 200 Tonnen schweren Zuges in Stücke gerissen worden. Bagger und Kräne räumten die Tierkadaver weg.

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